Jüngere Pflegebedürftige: VdK fordert Alternative zu Seniorenheimen
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Junge Pflegebedürftige unter 65 Jahren müssen angemessen versorgt werden – das fordert der Sozialverband VdK Saarland anlässlich des Berichts des saarländischen Pflegebeauftragten Jürgen Bender vor dem Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit im Landtag. Im Saarland sind rund 600 jüngere Menschen betroffen, die in Senioren-Einrichtungen leben müssen, weil es nicht genügend Plätze in Einrichtungen der Eingliederungshilfe gibt. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von jüngeren Pflegebedürftigen, die zuhause von Angehörigen versorgt werden und keine Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.
„Seniorenheime, in denen das Durchschnittsalter bei über 80 Jahren liegt und viele Menschen bereits unter Demenz leiden, sind nicht auf die Bedürfnisse jüngerer Menschen ausgerichtet. Das zeigt sich bei der Gestaltung der Gemeinschaftsräume, beim Essen oder bei der Organisation von Freizeit-Angeboten. Zudem fehlt dort für soziale Teilhabe einfach das Personal. Das Land als Träger der Eingliederungshilfe muss dafür sorgen, dass ausreichend Plätze geschaffen werden. Junge und im Kopf oft noch fitte Menschen wünschen sich lang andauernde Kontakte zu Gleichaltrigen in ihrem Wohnumfeld“, sagt VdK-Landesgeschäftsführer Peter Springborn.
Ein Platz in der Eingliederungshilfe kostet mehr als in einer Senioreneinrichtung. „Hier liegt der Verdacht nahe, dass an Menschen gespart wird, die vom Schicksal ohnehin schwer gebeutelt sind, weil sie an Multipler Sklerose leiden oder durch einen Unfall oder einen Schlaganfall zum Pflegefall wurden – ein Schicksal, das jeden von uns treffen kann“, sagt Springborn. Ein weiteres Problem dabei ist, dass in der Pflegeversicherung deutlich niedrigere Freigrenzen gelten als in der Eingliederungshilfe, so dass viele jüngere Pflegebedürftige um ihre Ersparnisse gebracht werden, um den hohen Eigenanteil der Pflegekosten im Heim zu finanzieren.
Mit dem Bau kleinerer, stationärer Einrichtungen in Wohnortnähe muss aus Sicht des Sozialverbands so schnell wie möglich begonnen werden. Denn eine weitere Herausforderung steht vor der Tür: Die Generation der Babyboomer, die ihre behinderten Kinder selbst pflegt, erreicht jetzt das Rentenalter und wird die Versorgung in absehbarer Zeit nicht mehr übernehmen können. „Das derzeitige System ist auf diesen zusätzlichen Bedarf nicht vorbereitet“, warnt Springborn.
Viele jüngere Pflegebedürftige würden lieber in eine Wohngemeinschaft oder eine betreute Wohngruppe umziehen. Hier ist aus Sicht des VdK die Landesregierung gefordert, in Zusammenarbeit mit den Trägern entsprechende Angebote zu schaffen, um jüngeren Pflegebedürftigen mehr Lebensqualität zu ermöglichen.
Aus Sicht des VdK braucht es mehr Initiativen zur Förderung des inklusiven Wohnens sowie eine Koordination der hier tätigen Akteure und Kostenträger. Die Landesregierung sollte ein mehrjähriges Landesförderprogramm einrichten für:
- Mehrgenerationenhäuser mit Wohnangeboten für Jung und Alt
- „Wohnen für Hilfe“
- Inklusive Wohnformen für Menschen mit und ohne Behinderung
- Programme zur Aktivierung und Begleitung sorgender Nachbarschaften
- Kleinere, flexiblere Pflegeeinrichtungen in Wohn-Quartieren.
Alltagsunterstützende Assistenzlösungen müssen in diesen Wohnangeboten ebenso die Regel sein wie die Barrierefreiheit in den Wohnungen und Quartieren.
Autor: VDK Presse und Öffentlichkeitsarbeit / © EU-Schwerbehinderung