Lauterbachs Pflegereform enttäuscht: Fassadenanstrich ohne Substanz
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Zu den Äußerungen Ende Mai von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Morgenmagazin von ARD und ZDF sagt der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V., (bpa), Bernd Meurer.
"Wenn Lauterbach sein aktuelles Gesetz als eine große Reform anpreist, dann hofft er, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen der Grundrechenarten nicht mächtig sind.
Die minimale Anhebung der Leistungsbeträge gleicht noch nicht einmal die Kostensteigerung der letzten Jahre aus. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen nach wie vor die bittere Entscheidung treffen, wie viel Körperpflege oder wie viele Tage in der Tagespflege sie sich überhaupt noch leisten können. Wichtige Entlastungen brechen weg. Diese großen Sorgen der Betroffenen ignoriert der Minister ebenso wie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Pflegeeinrichtungen. Längst ist die Versorgungssicherheit in vielen Regionen Deutschlands nicht mehr gegeben. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finden nicht mehr die Versorgung, die sie wollen und brauchen.
Die Ampelkoalition zeigt kein Interesse daran, die Pflege zukunfts- und demografiefest aufzustellen. Das Gesamtgebäude der Pflege wankt bedrohlich, aber der Minister steht selbstzufrieden mit seinem kleinen Farbeimerchen davor, und feiert einen Fassadenanstrich als große Reform."
Ebenso kritisiert die Caritas die Pläne für ein Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege. So erwarte man mehr von einer ernst gemeinten Pflege-Reform als die Schmalspur-Lösung, die im Bundestag vorgestellt wurde, sagte die Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Der Deutsche Caritasverband kritisiert insbesondere, dass die Situation der häuslichen Pflege unbeachtet bleibt, pflegende Angehörige leer ausgehen und für die sogenannte 24-Stunden-Pflege keine Verbesserungsvorschläge gemacht werden.
Anlässlich der Bundestagsanhörung zum Pflegeentlastungs- und -unterstützungsgesetz (PUEG) sagte Bernd Meurer.
"Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finden schon heute kaum noch die Versorgung, die sie brauchen. Fast 70 Prozent der Pflegeeinrichtungen haben in einer bpa-Umfrage wirtschaftliche Schwierigkeiten angemeldet und andere Branchenstudien wie beispielsweise der Bank für Sozialwirtschaft gehen in die gleiche Richtung. Weil erheblich gestiegene Kosten nicht in vollem Umfang refinanziert werden und das Personal zunehmend fehlt, müssen immer mehr Pflegeeinrichtungen ihre Angebote drastisch einschränken oder ihren Betrieb einstellen.
Drei Viertel der Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut, Experten gehen davon aus, dass in 10 Jahren knapp drei Millionen Pflegebedürftige in Deutschland ausschließlich von ihren Angehörigen gepflegt werden, das wären rund 630.000 mehr als im Jahr 2020. Der Gesetzentwurf "zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege" aber lässt diesen Bereich so gut wie brach liegen. "Weder die pflegenden Angehörigen noch die ungezählten Frauen aus Ost-, Südost- und Mitteleuropa, die Pflegebedürftige zu Hause betreuen, werden von der Reform bedacht," kritisiert Welskop-Deffaa.