Bundesfinanzministerium hält Gesetz zur Kindergrundsicherung auf
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Das Gesetz zur Einführung der Kindergrundsicherung wird vorerst nicht auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts kommen.
Das erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Regierungskreisen. Demnach teilte das von Christian Lindner (FDP) geführte Bundesfinanzministerium dem Bundesfamilienministerium von Lisa Paus (Grüne) mit, dass es vier Wochen benötige, um das Gesetz prüfen. Damit gerät Paus‘ Zeitplan ins Wanken. Sie hatte dem RND in der vorigen Woche gesagt: „Die Ressortabstimmung läuft. Wir werden sehr zügig die Verbände und die Länder anhören. Ein Kabinettsbeschluss ist dann für Mitte September fest im Blick. Das Gesetz muss neben dem Bundestag auch noch durch den Bundesrat. Deshalb ist es wichtig, dass wir es bald auf den Weg bringen können.“
Aus dem Finanzministerium heißt es, vier Wochen seien die in der Geschäftsordnung der Bundesregierung mögliche Frist. Überdies seien die Auswirkungen der Kindergrundsicherung auf den Bundeshaushalt noch zu prüfen. Ohnehin solle die Reform erst 2025 in Kraft treten, insofern gebe es „keinen Zeitdruck“. Aus Grünen-Kreisen verlautet wiederum, der Einbringung des Gesetzentwurfes in die Ressortabstimmung seien intensive Gespräche unter Beteiligung von Kanzler Olaf Scholz vorausgegangen. Dort seien alle wesentlichen Punkte geklärt worden. Daher sei eine so lange Prüfungsfrist „fachlich nicht nachvollziehbar“.
Paus hatte im Bundeskabinett Lindners Wachstumschancengesetz blockiert, um die Kindergrundsicherung durchzusetzen. Später einigten sich beide unter Vermittlung von Scholz auf die Reform. Bei der anschließenden Vorstellung des Vorhabens vor Journalisten wurde allerdings deutlich, dass Meinungsverschiedenheiten über dessen Ausgestaltung fortbestehen.
Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt vor parteitaktischen Spielchen bei der geplanten Kindergrundsicherung. "Nach der Einigung der Ampelregierung in der letzten Woche waren wir sehr froh darüber, dass es bei der Kindergrundsicherung jetzt endlich einen Schritt vorwärts geht. Als Verbände wurde uns für die Stellungnahme zum komplexen Referentenentwurf des Familienministeriums eine Woche Zeit eingeräumt. An diese Frist halten wir uns, umso unverständlicher ist es, dass das Bundesfinanzministerium sich jetzt nach Medienberichten eine Prüfungsfrist von vier Wochen nehmen will. Dabei sind mehr als Grundzüge des Gesetzgebungsvorhabens seit vielen Wochen bekannt. Das sieht von außen betrachtet nach einem parteitaktischen Spielchen auf dem Rücken der Kinder aus, nachdem Bundesfamilienministern Paus vor kurzem das Wachstumschancengesetz von Bundesfinanzminister Lindner im Bundeskabinett blockiert hat. Falls durch die Verzögerung jetzt der gesamte Zeitplan für die Kindergrundsicherung ins Rutschen gerät, wäre das aus unserer Sicht katastrophal", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
"Die Leistungsbündelung und verbesserte Zugänge von Kindern zu Sozialleistungen durch die Kindergrundsicherung sind wichtige Hebel zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Auch wenn die Kindergrundsicherung nach jetzigem Planungsstand nicht der erhoffte große Wurf ist, begrüßen wir den Grundansatz, dass nämlich Kinder und Jugendliche nicht weiter als Bittsteller von Sozialleistungen gesehen werden. Denn es ist die Aufgabe des Staates, allen Kindern die für ihr gutes Aufwachsen notwendigen finanziellen Mittel zukommen zu lassen, wenn die Eltern das nicht aus eigener Kraft schaffen", so Krüger weiter.
"Aus repräsentativen Umfragen für das Deutsche Kinderhilfswerk wissen wir, dass nur sehr wenige Menschen in Deutschland der Meinung sind, dass der Staat ausreichend in die Zukunftschancen der jungen Generation investiert. Zugleich wären knapp zwei Drittel der Erwachsenen bereit, mehr Steuern zu bezahlen, wenn damit das Problem der Kinderarmut in Deutschland wirksam bekämpft würde. Die Solidarbereitschaft in der Bevölkerung wird an dieser Stelle derzeit von der Politik massiv unterschätzt. Diese sollte vielmehr von der Bundesregierung aufgenommen und in eine kraftvolle Politik insbesondere für von Armut betroffene Kinder umgesetzt werden", sagt Thomas Krüger.