Halten hohe Eigenbeiträge von stationärer Pflege ab?
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Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz im brandenburgischen Landtag hatte zum Thema „Pflegebedürftige entlasten – Einrichtungen der Altenpflege besser unterstützen!“ zu einer Anhörung geladen. Grundlage war ein entsprechender Antrag der Fraktion Die Linke, der vom Landesparlament an den Ausschuss überwiesen worden war. Als Sachverständige war auch Dr. Sarina Strumpen, Leiterin des Deutschen Kompetenzzentrums für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) beim Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), zu der Anhörung geladen.
In ihrem Antrag fragte Die Linke nach einer Analyse zu der Frage, ob finanzielle Gründe Menschen daran hindern, in voll stationäre Einrichtungen der Langzeitpflege zu wechseln. Zudem fordert sie u. a. die Investitionskosten für Einrichtungen der Altenpflege in Brandenburg von einer Objektförderung auf eine Subjektförderung umzustellen und kommunale Pflegemanagements, um eine „realistische, bedarfsgerechte und kontinuierliche Pflegeplanung vor Ort zu realisieren“.
Tatsächlich habe das KDA keine belastbaren Studien oder ausreichend aussagekräftige Daten finden können, die Auskunft darüber geben, ob Menschen aus finanziellen Gründen die stationäre Pflege trotz Bedarfs meiden, erklärte Sarina Strumpen. Ob die Sozialleistung „Hilfe zur Pflege“ tatsächlich Inanspruchnahmebarrieren senkt, könnte durchaus kritisch untersucht werden. „Selbstverständlich plädieren wir an dieser Stelle für mehr Forschung, damit solche Erkenntnislücken zukünftig geschlossen werden und sozialpolitische Maßnahmen noch zielgerichteter ergriffen werden können“, erklärte Frau Dr. Strumpen – dies, zumal auch die Eigenanteile bei der ambulanten Pflege hoch seien.
Die vorhandene Studienlage zeige aber in Hinblick auf soziale Ungleichheit einen „pro-rich bias“: Vermögendere können sich ihre favorisierte häusliche Versorgung länger und selbstbestimmter leisten. Bekannt sei weiterhin, dass die Hauptursache für einen Umzug aus dem eigenen Zuhause in ein Heim eine instabile Versorgungssituation in der Häuslichkeit sei, also etwa bei Alleinlebenden oder dem Vorliegen von demenziellen Erkrankungen. Auch seien vermögendere Menschen eher in sogenannten „neuen Wohnformen“ anzutreffen als Menschen mit weniger Einkommen.
Es gebe noch zu wenige Wohnsettings, die gerne angenommen würden, stellte Frau Dr. Strumpen fest. Es müssten vielfältigere Angebote zu Wohn- und Pflegeformen im Alter geschaffen werden. „Wir müssen wohl noch mutiger experimentieren“, forderte sie angesichts einer Quote von lediglich rund 5 Prozent der Menschen, die in entsprechenden Befragungen angeben, in einer stationären Einrichtung leben zu wollen.
Insgesamt sei das Land Brandenburg aber mit seinem „Pakt für Pflege“ auf einem sehr guten Weg, fuhr sie fort. Das KDA sehe im „Pakt für Pflege“ zentrale Aspekte angegangen, wie:
- eine Stärkung kommunaler Akteure
- eine Versorgungsstruktur, die sich an das Leben der älteren Menschen anpasst – und nicht andersherum
- Wege zu eruieren, die nicht stationäre Langzeitpflegeinrichtungen als last-step einer Pflegeversorgung planen
- einen aktiven Umgang mit dem Mangel an Pflegepersonal
Wie auch andere Sachverständige plädierte Sarina Strumpen in der Anhörung für einen „Sockel-Spitze-Tausch“. „Das würde viele Probleme lösen.“ Dann würde man sich zum Beispiel nicht mit der Frage beschäftigen müssen, wer sich Pflege noch leisten könne.
Autor: kda/kk