Reizdarm-Mythen: Was stimmt - und was nicht?
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Schmerzhafte Krämpfe im Bauch, unangenehme Blähungen, Durchfall und Verstopfung - häufig auch alles in Kombination. Treten diese Beschwerden länger als ein Vierteljahr auf und gibt es keine andere erkennbare Ursache, könnte ein Reizdarmsyndrom vorliegen, also ein überempfindlicher Darm. Doch nicht alle Darmbeschwerden bedeuten automatisch Reizdarm. Das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau" hat Mythen zum Reizdarmsyndrom auf ihren Wahrheitsgehalt gecheckt.
Hormone könnten Einfluss haben
Ein Vorurteil über Reizdarm ist definitiv richtig: Das Syndrom ist weit verbreitet. Mindestens drei Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. Aber: "Erst, wenn die Beschwerden die Lebensqualität negativ beeinflussen, spricht man vom Reizdarm", sagt Prof. Dr. Peter Layer, Leiter des Ikaneums, einem Fachinstitut für Darmgesundheit und Ernährung am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg.
Ein weiterer Mythos: Reizdarm ist reine Frauensache. Dieses Vorurteil ist falsch. Frauen sind zwar häufiger betroffen, aber nicht so oft, dass man von einer "Frauenkrankheit" sprechen könnte. Das Verhältnis von Männern zu Frauen mit Reizdarmsyndrom liegt bei etwa 40 zu 60. In jüngeren Jahren leiden Frauen doppelt so häufig daran - ab etwa 50 Jahren gleichen sich beide Geschlechter an. Das könnte an den Hormonen liegen, sagen Wissenschaftler.
Ernährungsumstellung kann helfen
Ebenso falsch ist die weit verbreitete Annahme, ein Reizdarm habe rein psychische Ursachen. Denn beim Reizdarm gibt es sehr wohl nachweisbare körperliche Veränderungen. Oft tritt das Reizdarmsystem nach Darminfektionen wie etwa Salmonellen auf. Diese schwächen die Darmbarriere, wodurch der Darminhalt ungehindert in die Schleimhaut eindringen kann. Resultat: Die Nerven dort werden irritiert und allmählich überempfindlich. Dennoch halten es Experten für wahrscheinlich, dass psychische Leiden das Reizdarmsyndrom begünstigen. Typischerweise führt Stress zu mehr Problemen mit dem Reizdarm, eine stabile psychische Verfassung hingegen kann die Beschwerden lindern.
Auch das Vorurteil, dass Reizdarm zu Darmkrebs führt, stimmt nicht. "Es scheint eher andersherum zu sein", so Prof. Layer in der "Apotheken Umschau". Eine Studie aus Großbritannien zeige, dass Menschen mit Reizdarm sogar ein deutlich reduziertes Risiko für Darmkrebs haben. Das liegt wahrscheinlich an einer gesünderen Lebensweise der Patientinnen und Patienten - und weil sie wegen ihrer Beschwerden öfter in ärztlicher Behandlung sind.
Wahr allerdings ist, dass eine Ernährungsumstellung bei Reizdarm helfen kann. Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind bei Menschen mit Reizdarmsyndrom häufig. Eine veränderte Ernährung oder manche Probiotika, die die Darmflora unterstützen, können Linderung bringen. Hier braucht es allerdings individuelle Lösungen nach ärztlicher Absprache.