Elektronische Patientenakte wird für millionen Menschen zum Problem
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Mit der ePA (elektronische Patientenakte) soll alles besser werden, glaubt man den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der erst gestern bei der Sendung "Caren Miosga" für seine elektronische Patientenakte, "Werbung" machte. Doch die Realität scheint etwas anders auszusehen, gerade wenn es um die Nutzung der ePA geht.
Die ePA, die ab 2025 vollumfänglich starten soll, ist nicht wirklich neu. Viele Krankenkassen bieten sie bereits an, meist über eine App auf dem Smartphone. Allerdings wären dadurch etwa 3 Prozent der Bevölkerung in Deutschland – über 2 Millionen Menschen – ausgeschlossen, da sie kein Smartphone nutzen. Auch wenn 3 Prozent wenig erscheinen, ist diese Zahl dennoch nicht zu vernachlässigen.
Die anderen 97 Prozent dürfen sich freuen, oder eben auch doch nicht. Denn der Umgang mit der ePA auf dem Smartphone ist nicht so einfach, wie es scheint. Hat man sich erst einmal durch den Dschungel der Einrichtung gekämpft, erscheint zwar die Patientenakte mit nützlichen Informationen. Doch dann stellen sich neue Fragen: Wie kommen meine eigenen Dokumente da rein? Einfach ist das nicht. Vielleicht ein Foto machen? Oder doch erst das Dokument auf dem Smartphone speichern und dann hochladen? – Fragen über Fragen.
Die Lösung dieser Fragen mag sicherlich einfach erscheinen, ist es dann aber doch nicht für jeden Menschen – insbesondere in einer verpflichtend inklusiven Gesellschaft, die sowohl ältere Menschen als auch Menschen mit Behinderungen vollständig integriert hat. Diese Gruppen müssen dann feststellen, dass ältere Menschen oder Menschen mit bestimmten Einschränkungen mit der ePA nicht so einfach zurechtkommen werden, selbst wenn die zugehörigen Apps barrierefrei sind.
Solche Lösungen, die zwar modern sind, oft auch notwendig, sollten auch so noch nutzbar sein, dass mit Blick auf eine alternde Gesellschaft, jeder Mensch damit umgehen kann und sich nicht seinen "Spezialisten" suchen muss um den Umgang zu erlernen, oder gar in fremde Hände geben zu müssen.
Genau hierzu kommt auch Kritik vom Sozialverband VdK. Die VdK Präsidentin Verena Bentele: „Die elektronische Patientenakte wird die Versorgung von vielen Patientinnen und Patienten deutlich verbessern. Doch mit dem Start der ePA wird es auch zu Problemen kommen: Schon jetzt ist klar, dass für viele der Anmeldeprozess, den es braucht, um seine Daten einsehen zu können, viel zu kompliziert ist. Unklar ist zudem, wie barrierefrei die Apps und Websites sein werden, über die Patientinnen und Patienten ihre Gesundheitsdaten abrufen können.
Der VdK fordert, dass alle Patientinnen und Patienten ihre in der ePA hinterlegten Daten einsehen können. Menschen mit Behinderung, ältere Menschen und Menschen ohne Smartphone müssen gleichermaßen an ihre Gesundheitsdaten kommen und diese barrierefrei lesen können.
Wer die ePA künftig nutzt und Hürden in der Barrierefreiheit feststellt, sollte diese unbedingt melden. Voraussichtlich wird es von Nutzer zu Nutzer unterschiedliche Barrieren geben, abhängig davon, von welchem Anbieter seine Krankenkasse die ePA erstellen lässt. Der VdK setzt sich dafür ein, dass hier ein einheitlich hoher Standard festgesetzt wird, der sich immer wieder den aktuellsten Richtlinien anpasst. Maßgebend sollten hier die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sein, die dafür da sind, den barrierefreien Zugang digitaler Angebote sicherzustellen.“
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung