Eine Corona-Prämie für die Pflege fordern die Grünen
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Die Grünen-Fraktion fordert Coronaprämien für Mitarbeiter in Pflege- und Gesundheitsberufen. Beschäftigte im Gesundheits-, Pflege und Assistenzbereich, die besonderen Risiken durch die Pandemie ausgesetzt seien, müssen zur Anerkennung zeitnah eine Prämie erhalten, heißt es in einem Antrag der Fraktion. Drucksache: 19/18940
Die Gegenfinanzierung müsse gänzlich aus Steuermitteln sichergestellt werden. Die Fraktion fordert außerdem eine Reform der Pflegeversicherung, um das Risiko künftiger Kostensteigerungen in der Langzeitpflege fair umzuverteilen.
So heißt es im Antrag 19/18940:
Professionelle Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten sowie viele weitere Berufsgruppen im Gesundheitswesen setzen sich mit ihrer qualifizierten Arbeit dafür ein, das Leben und die Gesundheit der Menschen zu erhalten. Sie leisten damit einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft – ob in den Krankenhäusern, in den kommunalen Gesundheitsämtern, in den niedergelassenen Arztpraxen, in den (teil-)stationären Pflegeeinrichtungen, den ambulanten Pflegediensten oder bei den Hilfen für behinderte Menschen.
Beschäftigte, die direkt mit Covid-19-infizierten Menschen arbeiten, sind in der Pandemie einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt und riskieren damit ihre eigene Gesundheit und schlimmstenfalls ihr Leben – zum Wohle der Allgemeinheit. Mit Stand zum 28. April 2020 hatten sich laut Robert-Koch-Institut 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in deutschen Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen mit Covid-19 angesteckt und 6.816 Beschäftigte in Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen sowie Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünften, ein Großteil davon in Pflege- und Altenheimen.
Viele Beschäftigte setzen aktuell mehr denn je ihre Zeit und ihre Kraft ein, um erkrankte Menschen zu versorgen. Insbesondere in Krankenhäusern und in stationären Pflegeeinrichtungen mit vielen Corona-Patientinnen und Patienten gehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen Fällen an oder über ihre Belastungsgrenze hinaus, machen Überstunden und vertreten erkrankte Kolleginnen und Kollegen, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Auch die Ärztinnen und Ärzte in den zumeist unterfinanzierten und unterbesetzten kommunalen Gesundheitsämtern leisten etwa bei der Testung und Nachverfolgung von Kontaktpersonen einen unverzichtbaren Beitrag zur Bekämpfung der Krise. Sie alle verdienen Wertschätzung und Schutz – nicht nur, aber gerade auch in Zeiten der Corona-Pandemie.
Im Antrag fordern die Grünen von der Bundesregierung:
1) Dafür Sorge zu tragen, dass Beschäftigte im Gesundheits-, Pflegeund Assistenzbereich, die besonderen Risiken durch die CoronaPandemie ausgesetzt sind, zur Anerkennung zeitnah eine CoronaPrämie erhalten;
2) Sicherzustellen, dass die Gegenfinanzierung der Corona-Prämie gänzlich aus Steuermitteln erfolgt;
3) Umgehend mit der „doppelten Pflegegarantie“ eine Reform der Pflegeversicherung einzuleiten, die das Risiko künftiger Kostensteigerungen in der Langzeitpflege von den wenigen Schultern der Pflegebedürftigen auf die Versichertengemeinschaft fair umverteilt und einen Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung vorsieht.
Die Begründungen zu den einzelnen Punkten im Antrag 19/18940:
Zu 1) Die Einführung einer Corona-Prämie für Beschäftigte in der Altenpflege ist ein Signal in die richtige Richtung. Sie lässt aber außer Acht, dass auch in anderen Bereichen der Pflege- und Gesundheitsversorgung das Personal besonderen Risiken durch die Corona-Pandemie ausgesetzt ist, etwa bei der intensivmedizinischen und –pflegerischen Behandlung von Corona-Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern oder bei der Testung von Kontaktpersonen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dieses Risiko überall anzuerkennen und eine angemessene Entschädigung dafür vorzusehen.
Zu 2) Eine finanzielle Leistung zur Anerkennung der Risiken und Belastungen durch die Corona-Pandemie im Gesundheits- und Pflegewesen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie ist deswegen aus Steuermitteln zu finanzieren und nicht aus den Mitteln der Kranken- und Pflegekassen, die in der Pandemie ohnehin hohe Extra-Ausgaben zu stemmen haben und mit einer angespannten Haushaltslage rechnen müssen. Das muss sichergestellt sein. Bei einer Vorfinanzierung durch die Kassen sind wenigstens auch die privaten Kranken- und Pflegeversicherungen angemessen zu beteiligen. Die Beteiligung der Pflege-Unternehmen am Finanzierungsmodell der Bundesregierung ist insofern kritisch, als dass zum Beispiel gemeinnützige Pflegeanbieter keine Rücklagen bilden dürfen und deswegen Schwierigkeiten beim Aufbringen ihres Prämienanteils zu erwarten sind.
Zu 3) Eine Corona-Prämie kann nur ein Baustein sein, um die Wertschätzung für das Personal in Pflege- und Gesundheitsberufen auszudrücken. Insbesondere in der Pflege sind eine tarifgebundene Bezahlung, eine bessere Personalausstattung und damit eine verringerte Arbeitsdichte unerlässliche Voraussetzungen, um die Beschäftigten während und nach der Krise zu entlasten und den Beruf dadurch attraktiver zu machen. Das zieht hohe Mehrkosten nach sich: Allein für eine tarifgebundene Bezahlung in der Altenpflege gehen Schätzungen von bis zu fünf Milliarden Euro aus. Die jetzige Struktur der Pflegeversicherung hat zur Folge, dass diese Mehrkosten alleine von den Pflegebedürftigen zu tragen sind. Dabei liegt der von ihnen erbrachte, durchschnittliche Eigenanteil in stationären Pflegeeinrichtungen schon jetzt bei rund 2.000 Euro pro Monat. Deshalb muss mit der „doppelten Pflegegarantie“ eine Reform der Pflegeversicherung eingeleitet werden, mit der die Eigenanteile sofort gesenkt und dauerhaft gedeckelt werden. Die Bundesregierung ist aufgerufen, diese Reform der Pflegeversicherung umgehend anzugehen.
Autor: Bundestag/hib | © EU-Schwerbehinderung/Deutscher Bundestag