Mehr barrierefreier Wohnraum
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Die FDP möchte das Wohnungseigentümergesetz reformieren und hat dazu der Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. (Drucksache 19/18955) Ziel des Entwurfes ist es, Hausverwaltungen die durch die Eigentümergemeinschaft eingesetzt wurden, einen abschließenden Aufgaben- und Befugniskatalog an die Hand zu geben, insofern die Eigentümergemeinschaft die Hausverwaltung nicht mit besonderen Befugnissen ausgestattet hat. Ist der Hausverwalter nicht gleichzeitig Eigentümer in der Wohnungseigentümergemeinschaft, sollen seine Befugnisse durch einen Sachkundenachweis des Verwalters abhängig gemacht werden.
Für Beschlüsse der Eigentümerversammlung im Umlaufverfahren will die FDP auf das Erfordernis der Einstimmigkeit verzichten und stattdessen eine qualifizierte Mehrheit verlangen, bei der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zugleich die Mehrheit der Miteigentumsanteile repräsentieren müsse. Für die Stimmabgabe solle die Textform ausreichen. Für die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung sieht der Antrag die gleiche qualifizierte Mehrheit vor. Auch solle den Eigentümern ermöglicht werden, über die verbindliche Nutzung einer digitalen Plattform für die jeweilige Wohnungseingetümergemeinschaft zu entscheiden, mit der Folge, dass im Beschlussfall sämtliche die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffenden Dokumente in digitaler oder digitalisierter Form in das Intranet eingepflegt werden müssen. Anträge für die Eigentümerversammlung sollen nur noch über das Intranet eingebracht werden können. Allen Miteigentümern will die Fraktion ungehinderten Zugriff auf die Plattform gewähren.
Die Bundesregierung will das Wohnungseigentumsgesetz ändern. Das erklärte Ziel lautet unter anderem: Mehr barrierefreier Wohnraum in Deutschland. Dazu wird in dem Gesetzentwurf das Recht für Wohnungseigentümern gestärkt, die ihre Wohnung barrierefrei aus- oder umbauen wollen.
In dem Gesetzentwurf 19/18955 heißt es:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vorzulegen, der
1. für eingesetzte Verwalter in Ermangelung anderweitiger Beschlüsse der Eigentümerversammlung einen abschließenden Aufgaben- und Befugniskatalog vorsieht, der sich an § 27 WEG orientiert,
2. die Wirksamkeit der Verwalterbestellung für den Fall, dass dem Verwalter weitergehende Aufgaben und Befugnisse anvertraut werden sollen und der Verwalter nicht zugleich Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, vom Vorhandensein eines Sachkundenachweises des Verwalters abhängig macht,
3. für die Beschlussfindung im Umlaufverfahren vom Erfordernis der Einstimmigkeit absieht und stattdessen eine qualifizierte Mehrheit, bei der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zugleich die Mehrheit der Miteigentumsanteile repräsentieren muss, sowie für die Stimmabgabe die Textform genügen lässt,
4. für die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung die gleiche qualifizierte Mehrheit vorsieht und
5. den Eigentümern die Möglichkeit einräumt, über die verbindliche Nutzung einer digitalen Plattform für die jeweilige Wohnungseingetümergemeinschaft zu entscheiden, mit der Folge, dass im Beschlussfall sämtliche die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffenden Dokumente in digitaler bzw. digitalisierter Form in das Intranet einzupflegen sind, Anträge für die Eigentümerversammlung nur noch über das Intranet eingebracht werden können und allen Miteigentümern ungehinderter Zugriff auf die Plattform zu gewähren ist.
Verena Bentele, die VdK-Präsidentin hat sich in einer Pressemitteilung zum Gesetzentwurf Wohnungseigentumsgesetz geäußert:
Der Sozialverband VdK begrüßt das Gesetz. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte:
„Die neuen Regeln decken sich mit unseren langjährigen Forderungen: Endlich gewinnen wir mehr barrierefreien Wohnraum, der dringend benötigt wird. Immer wieder haben uns Hilferufe von älteren Wohnungseigentümern erreicht, die eine breitere Haustür oder den Einbau eines Treppenlifts gegenüber der Eigentümerversammlung nicht durchsetzen konnten. Diese Menschen fühlten sich schikaniert und diskriminiert. Denn sie wurden dazu gedrängt, die eigene Wohnung zu verkaufen oder den Weg über eine Klage vor dem Gericht anzustrengen.“
Der Regierungsentwurf des Wohnungseigentumsänderungsgesetzes (WEMoG) schafft einen Rechtsanspruch gegenüber der Wohnungseigentümermgeeinschaft, barrierefrei umbauen zu können. Umbaumaßnahmen müssen zudem künftig beim Wohnungsverkauf oder beim Tod des Eigentümers nicht mehr zurückgebaut werden. Im Gegensatz zu Wohnungseigentümern können aber Mieterinnen und Mieter weiter zum Rückbau ihrer barrierefreien Einbauten verpflichtet werden. Hier fordert der VdK Änderungen am Gesetzentwurf:
„Die Gestaltungsfreiheit des Vermieters in allen Ehren, aber diese Gestaltungsfreiheit darf nicht über dem Recht eines jeden Menschen stehen, selber zu entscheiden, wie er leben möchte. Wenn die Regierung es ernst meint mit mehr barrierefreien Wohnraum, dann müssen auch die Vermieter in die Pflicht genommen werden. Wenn Mieterinnen und Mieter die Barrieren in einer Wohnung beim Einzug auf eigene Kosten beseitigt haben, ergibt es keinen Sinn, ihnen mit dem Auszug auch noch die Kosten für den Rückbau aufzuhalsen, damit wieder eine Wohnung mit Barrieren entsteht.“
Schon jetzt besteht in Deutschland ein ungedeckter Bedarf von fast 2,5 Millionen geeigneten, barrierefreien oder barrierearmen Wohnungen allein für ältere Menschen mit Bewegungseinschränkungen. Dieser Bedarf erhöht sich bis zum Jahr 2030 auf ca. 2,9 Mio. Laut Verband „Haus & Grund“ gibt es 800.000 Eigentümergesellschaften mit knapp neun Millionen Eigentumswohnungen.
Der rechts- und verbraucherpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Dr. Jan-Marco Luczak, und der zuständige Berichterstatter Sebastian Steineke haben sich in einer Pressemitteilung dazu ebenfalls geäußert:
Jan-Marco Luczak: "Für uns als Union ist es wichtig, die Handlungsfähigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften zu stärken. Gleichzeitig wollen wir die Eigentümerrechte schützen. Das in die Jahre gekommene Wohnungseigentumsrecht bietet dafür nicht mehr den richtigen Rechtsrahmen. Es muss reformiert und auf Zukunft getrimmt werden. In Zukunft sollen Beschlüsse leichter gefasst werden können, wenn etwa Häuser einbruchssicher gemacht, altersgerecht umgestaltet oder die Möglichkeit geschaffen werden soll, Infrastruktur für Elektroautos zu installieren. Auch Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen der Wohnanlage sollen vereinfacht werden, zum Beispiel wenn es um Maßnahmen zur nachhaltigen Kosteneinsparung oder darum geht, die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen. Wir wollen den Eigentümern so einen größeren Anreiz geben, mehr in Modernisierungen und insbesondere klimaschützende Maßnahmen zu investieren. Die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird klar konzipiert, so schaffen wir mehr Rechtssicherheit. Viele Millionen Menschen sind von diesem Gesetz adressiert, deswegen werden wir alle Regelungen im parlamentarischen Verfahren sehr genau diskutieren."
Sebastian Steineke: "Ein in der bisherigen Diskussion sehr umstrittener Punkt ist die Frage der Verwalterstellung. Hierzu wurden uns von einigen einzelnen Eigentümern starke Bedenken geäußert. Wir werden uns diesen Punkt noch einmal ansehen. Fakt ist aber auch: Wir brauchen klare Regeln und klare Strukturen. Der Verwalter muss schneller und effizienter arbeiten können. Auf der anderen Seite müssen Eigentümer umfassende Kontroll- und Informationsrechte haben. Es ist kein Geheimnis, dass wir die Einführung eines Sachkundenachweises für Verwalter als Qualitätssiegel vor dem Hintergrund der finanziellen, rechtlichen und auch existenziellen Tragweite der Arbeit der Verwalter für die Eigentümer fordern. Der Qualitätsnachweis wird auch zur Minimierung von Rechtsstreitigkeiten führen, da Verwalter sich das Wissen verpflichtend aneignen.
Ein weiterer wesentlicher Diskussionspunkt ist eine mögliche Stärkung des Beirats. Bislang hat der Beirat lediglich eine beratende Funktion. Um den Beirat aufzuwerten, müssen unter anderem seine Kontrollrechte gegenüber der Verwaltung erweitert werden. Um eine größtmögliche Transparenz herzustellen, sollten zudem die Informationspflichten des Verwalters generell deutlich ausgeweitet werden."
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung