Verbände zum Reformkonzept der Grünen "Hartz IV muss überwunden werden"
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Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will den Zugang zu Hartz-IV deutlich erleichtern. Dabei schlägt Heil in Gesetzentwurf vor, der mehreren Nachrichtenagenturen vorliegen, dass bei Beziehern von Arbeitslosengeld II in den ersten zwei Jahren auf eine Prüfung verzichtet wird, ob die Wohnungskosten angemessen sind.
Zudem soll Vermögen bis zu 60.000 Euro nicht angerechnet werden. So sollen Leistungskürzungen etwa bei Ablehnung eines Jobangebots ab Juli auf höchstens 30 Prozent beschränkt werden. Außerdem ist ein Weiterbildungsbonus von monatlich 75 Euro vorgesehen. Es werden für die Reform im Gesetzentwurf Mehrausgaben von Bund, Kommunen und Bundesagentur für Arbeit in Höhe von etwa 550 Millionen Euro veranschlagt.
Der Sozialverband VdK hat den Plan von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil begrüßt, den Zugang zu Hartz IV deutlich zu erleichtern. VdK Präsidentin Verena Bentele betonte am Dienstag in Berlin: „Die Vermögensprüfung bis 60 000 Euro auszusetzen und die tatsächlichen Wohnkosten anzurechnen ist ein längst überfälliger Schritt.“
Bentele unterstrich: „Die Corona-Krise hat gezeigt, dass es bei Hartz IV auch ohne das bisher übliche Bürokratie-Monster geht. Der VdK fordert schon lange, dass endlich die echten Mietkosten angerechnet werden. Auch der Wegfall der Vermögensprüfung bis 60 000 Euro ist richtig. Beides macht Hartz IV ein Stück menschenwürdiger. Viele Menschen, darunter viele Solo-Selbstständige, würden von den Neuerungen profitieren. Hartz IV würde damit zu dem, was es eigentlich sein soll: Ein echtes Auffangnetz für alle, die in Krisen schnelle und unbürokratische Hilfe brauchen. Damit schafft man Vertrauen in die soziale Mindestsicherung und nimmt den Menschen Ängste. Ohne Angst vor dem Verlust der Wohnung ist die Suche nach einem neuen Job wesentlich einfacher."
Der Sozialverband SoVD Berlin-Brandenburg begrüßt den Vorstoß von Heil: Als Vorsitzende des SoVD Landesverbandes Berlin Brandenburg stelle ich mit Erleichterung fest, dass in die umstrittenen Hartz IV Regelungen endlich Bewegung kommt. Dies gilt für Berlin mit einer überdurchschnittlich hohen Anzahl von Hartz-IV Empfänger*innen in besonderem Maß. „Die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angekündigte Fortführung der Corona Erleichterungen bei der Vermögensprüfung, den Sanktionsregelungen und der Wohnung sind von uns zu unterstützen.
Damit kann Vertrauen in unseren Sozialstaat bei den Millionen Menschen aufgebaut werden, die durch Hartz IV in Not und Armut geraten sind und gerade jetzt durch die Corona Einschränkungen zusätzliche Härten und Ungerechtigkeiten erfahren“. Besonders fatal sind Armut und Perspektivlosigkeit von Millionen Kindern, die unter dem Lockdown für Kitas und Schulen noch einmal mehr zu leiden haben. „Für die betroffenen Menschen ist es unerlässlich, nicht nur ihre materielle Lebenssituation zu verbessern, sondern in den Job Centern und in der Gesellschaft „auf Augenhöhe“ behandelt zu werden.“ Dies ist allemal besser als nicht erfüllbare Versprechen über ein bedingungsloses Grundeinkommen, wie es jetzt erneut von Bündnis 90/Die Grünen propagiert wird. Die CDU ist dringend gefordert, ihre pauschale Ablehnung der konstruktiven Reformvorschläge zu Harz IV nicht fortzuführen.
Der SoVD hält weitergehende Verbesserungen für Langzeitarbeitslose und ihre Familien für dringend erforderlich. Vor allem muss die Grundsicherung gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes tatsächliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auch und gerade bei Arbeitslosigkeit ermöglichen. Dazu müssen die Regelsätze spürbar erhöht und für die zusätzlichen Ausgaben in Corona-Zeiten ein monatlicher Zuschlag von 100 Euro gewährt werden.
Die Diakonie Vorstandsvorsitzende Maria Loheide erklärt dazu:
"Der Entwurf enthält wesentliche Schritte in Richtung einer Existenzsicherung, die Vertrauen und Ermutigung an die Stelle von Kontrollen und Sanktionen setzt. Die vereinfachte Einkommens- und Vermögensanrechnung erleichtert die Leistungsgewährung deutlich. Mit dem Weiterbildungsbonus wird ein starker Anreiz gesetzt, die Qualifikation - vorrangig mit Erwerb eines Abschlusses - der Leistungsberechtigten zu verbessern. Es ist gut und existentiell wichtig für die Menschen, in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezuges den bestehenden Wohnraum zu erhalten.
Dass Sanktionen auf ein Drittel des Regelsatzes begrenzt, die ungerechtfertigten schärferen Regelungen für unter 25-Jährige abgeschafft und die Kosten der Unterkunft vor Sanktionen geschützt werden, ist längst überfällig. Im Ergebnis würde so eine Grundsicherung entstehen, die die Menschen und ihre Situation ernst nimmt und verbessert. Als weitergehenden Schritt schlägt die Diakonie vor, Sanktionen abzuschaffen und das Existenzminimum grundsätzlich zu garantieren."
Autor: md / © EU-Schwerbehinderung