Patientenbeauftragte fordert mehr Transparenz von den Krankenkassen
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„Patientinnen und Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Krankenkassen die notwendigen Leistungen im Bedarfsfall auch zuverlässig und zeitnah genehmigen. Ich erwarte, dass alle Krankenkassen Berichte zur Qualität ihrer Leistungsgewährung und zu Leistungskennzahlen wie der Bearbeitungszeit von Anträgen oder der Anzahl erfolgreicher und abgelehnter Widersprüche öffentlich und transparent zur Verfügung stellen. Entsprechende Informationen können Versicherten helfen, besser einzuschätzen, ob ihre Kasse im Krankheitsfall für sie da sein wird“, erklärt die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Dr. Claudia Schmidtke, anlässlich der Vorstellung einer Umfrage bei den Krankenkassen zu ihrem Umgang mit der öffentlich zugänglichen Darstellung ihres Leistungsgeschehens.
Eine umfassende Berichtspflicht im Bereich der Leistungsbewilligungen besteht für Krankenkassen nicht. Amtliche Daten werden nur zu einzelnen Bereichen erfasst, z. B. im Bereich der Vorsorge und Rehabilitation. Da sich die Krankenkassen dem Thema Transparenz ganz unterschiedlich widmen, hat die Patientenbeauftragte Ende 2019 und Anfang 2021 alle gesetzlichen Krankenkassen zum transparenten Umgang mit ihrem Leistungsgeschehen befragt.
„Mehrere Krankenkassen nahmen die Befragungen zum Anlass, um sich mit den Themen Transparenz und Versorgungsqualität intensiver zu beschäftigen“, begrüßt Prof. Schmidtke die Ergebnisse. Besonders positiv hervorzuheben ist aus Sicht der Patientenbeauftragten, dass einige Krankenkassen bereits seit längerem – allen voran einzelne Betriebskrankenkassen – und seit Ende letzten Jahres auch alle elf Allgemeinen Ortskrankenkassen regelmäßig in Transparenzberichten über ihr Leistungsgeschehen informieren. Mit allein über 27 Millionen AOK-Versicherten stehen damit in Zukunft mehr als einem Drittel aller gesetzlich Versicherten transparente Informationen wie zum Beispiel zu Genehmigungs- und Ablehnungsquoten und zu Bearbeitungszeiten ihrer Krankenkassen zur Verfügung. Auch der BKK-Dachverband hat eine Transparenz- und Qualitätsoffensive ins Leben gerufen, der sich bereits einige Betriebskrankenkassen angeschlossen haben.
Schmidtke: „Mittlerweile veröffentlichen 25 und damit fast ein Viertel aller Krankenkassen Daten zu ihrem Leistungsgeschehen. Das ist eine begrüßenswerte Tendenz. Vor dem Hintergrund der Vielzahl der Krankenkassen, die sich grundsätzlich für mehr Transparenz ausgesprochen haben, kann dies jedoch nur ein erster, aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen sein. Damit zukünftig mehr Krankenkassen Daten veröffentlichen und diese Informationen für die Versicherten auch einen konkreten Mehrwert schaffen, müssen sie möglichst allgemeinverständlich, barrierefrei und vergleichbar aufgearbeitet werden. Dies machen auch die Rückmeldungen der Krankenkassen deutlich, die einheitliche und verbindliche Kriterien als wichtige Voraussetzung für einen Leistungsvergleich fordern.
Die Entwicklung patientenrelevanter Indikatoren und Kriterien für einen Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitswettbewerb ist Aufgabe des GKV-Spitzenverbandes. Erfreulicherweise wurden dort nun auf meine Initiative hin entsprechende Beratungen eingeleitet. Die Versicherten werden von einem zeitnahen Beratungsabschluss profitieren.“
Zur Vorstellung der Umfrage zum Umgang der Krankenkassen mit Transparenz durch die Patientenbeauftragte Prof. Dr. Claudia Schmidtke erklärt Maria Klein-Schmeink (Grünen), Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik:
Patient*innen und Versicherte müssen auf den ersten Blick erkennen können, welche Krankenkassen sich in Service und Versorgung engagieren. Das betrifft etwa die Bewilligung von Antragsleistungen wie Hilfsmittel oder die Verordnung von Heilmitteln, aber auch die Frage, ob es eine*n persönliche*n Ansprechpartner*in, klare Aussagen und unkomplizierte Verfahren gibt.
Ein Qualitätsvergleich zwischen Krankenkassen funktioniert nur, wenn alle Kassen teilnehmen und die Angaben so aufbereitet werden, dass Versicherte die Krankenkassen anhand der für sie relevanten Kriterien miteinander vergleichen können. Die Bundesregierung hat hier wertvolle Zeit verspielt, spätestens mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) hätte sie eine Berichtspflicht für alle Krankenkassen über deren Genehmigungsverhalten und die Versichertenzufriedenheit einführen müssen. Stattdessen haben die Koalitionsfraktionen – und damit auch die Patientenbeauftragte – unseren Antrag für mehr Qualitätstransparenz bei den Kassen abgelehnt.
Umfragen allein reichen nicht aus. Wir fordern, ein unabhängiges und qualitätsgesichertes Monitoring zu etablieren, das durch geeignete Kriterien eine Bewertung und den Vergleich der Versorgungsleistung und -qualität von Krankenkassen ermöglicht. Auf dieser Basis sollen künftig alle Kassen bestimmte Angaben, insbesondere zu ihrem Genehmigungsverhalten und zur Versichertenzufriedenheit, veröffentlichen müssen.
Solche Informationen sind besonders hilfreich für Menschen mit chronischen Krankheiten und Behinderung. Sie könnten auf einen Blick erkennen, bei welcher Kasse sie gut aufgehoben sind. Denn sie sind besonders auf gute Versorgung und guten Service angewiesen, weil sie regelmäßig Leistungen wie Hilfsmittel brauchen. Ihre Krankheit oder Behinderung allein kostet schon genug Kraft. Sie sollten nicht auch noch mit ihrer Krankenkasse über jede Leistung verhandeln müssen.
Zusätzlich wollen wir, dass die Kassen, die sich besonders für ihre Versicherten ins Zeug legen und zum Beispiel chronisch kranke Menschen gut versorgen, für ihr Engagement belohnt werden.
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung