Der Fehler in der Grundsicherung
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Viele Menschen sind heutzutage auf Grundsicherung angewiesen oder erhalten diese, weil sie derzeitig einen Arbeitsplatz suchen. Grundsicherung - Eigentlich ein Begriff, bei dem alles in einem Topf geschmissen wird, denn sowohl der Arbeitssuchende bekommt die gleiche Höhe an Grundsicherung, wie auch jemand mit Altersrente oder Bezieher von Erwerbsminderungsrente. Dabei muss man sich aber fragen, wie gerecht das wirklich ist.
Jemand im Alter, hat ganz andere Bedarfe, wie jemand der bspw auf Arbeitsplatzsuche ist. Diese unterschiedlichen Bedarfe werden in der Grundsicherung nicht ansatzweise berücksichtigt. Gerade Menschen im Alter sind oftmals durch Ausgaben belastet, die jemanden der auf Arbeitsplatzsuche ist, nicht betreffen. Egal ob Medikamente, Sehhilfen oder andere Bedarfe im Alter. Aber auch jemand auf Arbeitsplatzsuche ist mit Kosten belastet, die so oft nicht berücksichtigt werden können, denn der Arbeitsplatzsuchende muss oft trotzdem seinen familiären Haushalt aufrechthalten, der sich meist vor der Arbeitslosigkeit problemlos finanzieren ließ.
Noch brisanter wird es bei Menschen, die eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehen. Erwerbsminderung bedeutet nämlich, dass diese Menschen schon nach Lesart des UN-Behindertenrechtskonvention und dem Sozialgesetzbuch, Menschen mit Behinderung sind. Der sogenannte Mehrbedarf von 17% steht jenen zu, die einen Schwerbehindertenausweis besitzen und Merkzeichen G haben. Nur so ein Schwerbehindertenausweis bekommen Menschen mit Behinderung erst ab einen Behinderungsgrad von 50%. Wer also diese Bedingungen nicht erfüllt, geht leer aus und es wird nicht hinterfragt, welche Hindernisse diese Menschen bei der Teilhabe am gesellschaftlichem- und politischen Leben haben. Für diese Menschen ist die Teilhabe nur noch eingeschränkt möglich.
Bei der Einschränkung kommen wir zum nächsten Punkt. Es gibt da diesen §41a SGB XII, der eine weitere Einschränkung für alle SGB XII Empfänger*in darstellt. Dieser besagt nämlich, dass das Land, also Deutschland, nicht länger als 4 Wochen verlassen werden darf, da sonst die Ansprüche auf Grundsicherung erlöschen. Kaum verständlich, denn gerade Bezieher von Renten, werden somit in ihrer Freiheit eingeschränkt, denn mal eben im grenznahen Bereich die Enkelkinder für längere Zeit besuchen, ist nicht. Als dieser Paragraph aktuell wurde, gab es sehr viel Aufschrei und viele betroffene meinten, man müsse klagen. Unsere Umfrage vom 12. August 2017 ergab damals:
Wenn also 81% dafür waren, dass man gegen diesen Paragraphen klagen müsse, so ist heute festzustellen, dass am Ende offensichtlich niemand den Schritt zum Gericht gegangen ist.
Die Grundsicherung setzt sich aus den definierten Regelsätzen zusammen:
ANTEIL AM REGELBEDARF | IN % VON DER RL | IN € VON DER RL |
---|---|---|
Nahrung, alkoholfreie Getränke | 34,86% | 147,83 € |
Freizeit, Unterhaltung, Kultur | 9,59% | 40,68 € |
Nachrichtenübermittlung | 8,94% | 37,92 € |
Bekleidung, Schuhe | 8,76% | 37,16 € |
Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung | 8,87% | 37,60 € |
Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände | 6,16% | 26,14 € |
andere Waren und Dienstleistungen | 7,93% | 33,62€ |
Verkehr | 8,33% | 35,33 € |
Gesundheitspflege | 3,80% | 16,11 € |
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 2,49% | 10,55 € |
Bildung | 0,26% | 1,08 € |
Für betroffene heißt es also, ganz viele Sparschweine hinstellen (im Regelsatz nicht enthalten) und für die einzelnen Position zu sparen um dann auch plötzliche "Instandsetzungen" oder den Austausch der Waschmaschine finanzieren zu können - genau hier darf gelacht werden, denn in der Praxis sieht das natürlich anders aus. Gerade die Position "Nachrichtenübermittlung" ist eine der kritischen Positionen, denn diese beinhaltet den Internetanschluss, PC/Notebook und das Handy mit seinen Gebühren beim Provider und zusätzlich auch die Kosten für den Austausch. Das da was nicht stimmen kann, wenn schon der Basisanschluss beim Anbieter bei 30 Euro liegt, kann sich jeder vorstellen. Trotzdem wird sich jedes Sozialamt darauf berufen, dass eben alle diese Kosten über diese Position abgedeckt werden. Selbst das BMAS vertritt diese Ansicht. Das aber das Smartphone, zur Einhaltung der in Deutschland definierten Sicherheitsstandards, alle zwei Jahre erneuert werden müsste um die notwendigen Sicherheitsupdates zu erhalten, interessiert niemanden.
Im Bereich der Mobilität sieht es noch kritischer aus. Wir halten fest. "Teilhabe an der Gesellschaft und am politischem Leben". Dafür gibt es für Menschen mit Behinderung gerade mal 35 Euro im Monat. Wer glück hat und in einer Stadt lebt, bekommt Vorzugstickets für den ÖPNV, die irgendwo zwischen 36 und 40 Euro liegen - ja, die Differenz muss aus einem anderen Posten genommen werden - wen interessiert es? Ist man dann noch von dem Pech verfolgt und lebt am Stadtrand um überhaupt noch eine finanzierbare Wohnung nutzen zu können, dann reicht der Regelsatz für "Verkehr" gerade mal um den nächsten Bäcker besuchen zu können - Das ist die reale "Teilhabe" ganz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention.
Auch die Postion Gesundheitspflege - was auch immer das genau sein soll - ist sehr großzügig gewählt. Reicht immerhin für die monatliche Seife, das Duschgel und dann noch für Rasierer oder jene Dinge, die eben Frauen monatlich benötigen. Für eventuelle Rezeptgebühren ist da kein Platz. Also bitte nicht krank werden, oder gar zu chronisch kranken Menschen gehören, die auf Dauermedikationen angewiesen sind, welche unter Umständen nicht einmal verschrieben werden. - Wie war noch die Definition für "Behinderung"? - "Chronisch kranke"?
Vielleicht mag das hier etwas überspitzt dargestellt zu sein. Jedoch ist das genau das, was betroffene in der Tat wahrnehmen. Würden sich betroffene wirklich an die Positionen so wie im Regelsatz stehend halten, kämen viele gar nicht mehr zurecht. Hält man sich aber nicht an die Positionen, so wie in der Regelbedarfs Tabelle dargestellt, kann es schnell zu Engpässen kommen, wenn dann bspw. plötzlich die Reparatur oder gar der Austausch eines technischen Gerätes im Haushalt von Nöten wird.
Bleibt also die Frage: Ist die Grundsicherung gerecht und wird den Regelbedarfen gerecht?