Chaos in den Regelungen sorgt wieder für Unverständnis - Leopoldina fordert einheitliche Regelungen
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Mit dem Ende der "Epidemischen Notlage von nationaler Tragweite" sind die Bundesländer wieder auf sich alleine gestellt, so eines der Folgen der am 18. November 2021 durchgeführten Änderung des Infektionsschutzgesetz (IfSG). Schon kam der Vorwurf vieler Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, dass damit viele Maßnahmen, wie lokale Lockdowns, als Mittel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, ab dem 15. Dezember nicht mehr zur Verfügung ständen.
Ein Irrtum, wie Lars Klingbeil (SPD) in der gestrigen Sendung "Markus Lanz" noch einmal darstellte, denn die Länder können die Mittel weiterhin, auch nach dem 15. Dezember, nutzen. Der kleine Unterschied ist nur, dass sich die Bundesländer nicht mehr auf ein Bundesgesetz berufen können, sondern ihre Maßnahmen im jeweiligen Landtag abstimmen lassen müssten.
Gerade unionsgeführte Länder artikulieren gerne, dass die Ampel-Koalition ihnen den "Werkzeugkoffer zur Bekämpfung der Pandemie" weggenommen hätten. Politischer Machtkampf mit falsch artikulierten Grundlagen, wohl eher kein konstruktiver Beitrag der Union, um für die Pandemiebekämpfung einen sinnvollen Beitrag zu leisten, so die Kritik an die Union, die mittlerweile nicht nur aus der Ampel-Koalition kommt, sondern selbst in Pressestimmen sich immer häufiger wiederfindet. Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Reiner Haselhoff (CDU), widersprach dem uns stellte in der Sendung "Markus Lanz" dar, dass man konstruktiv mit an der Pandemiebekämpfung teilnehmen wird. Klingbeil stellte klar, dass parteipolitische Interessen bei der Pandemiebekämpfung in den Hintergrund rück en sollten und das oberste Ziel der Schutz aller Bürgerinnen und Bürger sein muss.
Nach dem gestrigen "informellen" Gespräch von Bund- und Ländern, soll die jetzige Gesetzeslage wieder nachgeschärft werden. Detail werden aktuell ausgearbeitet und werden dann morgen in einer Bund- Länderkonferenz besprochen und beschlossen.
Auch unter der Bevölkerung zeigt sich immer mehr Unzufriedenheit, dass wir wieder in ein Regelchaos hineingerutscht sind. Ein Regelchaos, das es schon einmal gab und bereits damals für scharfe Kritik sorgte. Warum die Bundesregierung, aber auch die Landesregierungen aus Erfahrungen nicht lernen wollen, das bleibt fragwürdig, ist aber wenig verwunderlich. Selbst der Grundsatz "Aus der Geschichte lernen" und das heutige Handeln der Regierungen zeigt, wie schwer man sich tut, die Seiten der Geschichtsbücher aufzuschlagen und vergangene Erfahrungen in die heutige Zeit hinein zu transportieren.
Wie sich Bund- und Länder aus allen "rauswinden", wurde in der gestrigen Sendung von "Markus Lanz" wieder deutlich, als Lanz den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Reiner Haselhoff (CDU), darauf ansprach, warum man nicht eher Maßnahmen gegen eine vierte Welle ergriffen hat, denn viele Wissenschaftler warnten bereits seit Sommer vor der vierten Welle. So auch das Robert-Koch-Institut (RKI). Eine Antwort blieb Haselhoff, gegenüber Markus Lanz und den Zuschauerinnen und Zuschauern, bis jetzt schuldig.
Professor Stefan Huster, Rechtswissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, hat die Politik aufgefordert, nachvollziehbare und für die Bürger verständliche bundeseinheitliche Kriterien beim Kampf gegen die Pandemie festzulegen. "Es wäre sinnvoll, sich darauf zu verständigen, dass ab bestimmten Inzidenzwerten in den Bundesländern auch bestimmte Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit man hinterher nicht wieder den Eindruck hat, es gelten unterschiedliche Maßstäbe", so Huster im Fernsehsender phoenix. Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz (SPD) hatten heute in einem Gespräch mit den Ministerpräsiden vereinbart, dass am Donnerstag konkrete Schritte beschlossen werden sollen.
Huster befürwortete eine Impfpflicht und sah im Vergleich zum vergangenen Jahr in diesem Zusammenhang auch eine Trendwende in der Politik und bei Rechtswissenschaftlern. "Wenn man sieht, dass die Alternative ist, Impfpflicht oder ein sich lange Zeit hinziehender Lockdown, dann ist es relativ klar, was zu tun ist." Der Gesundheits-Rechtsexperte nahm im Übrigen die Politik in Schutz, im Sommer nicht genügend Vorsorge für die aktuelle Lage geleistet zu haben. Es sei unfair, die alleinige Schuld nur bei der Politik zu suchen. Auch Medien und Bürger hätten lange Zeit so getan, als gebe es keine Pandemie mehr. "Wir alle waren nicht vorausschauend genug und haben uns nicht gut genug informiert, nicht nur die Politik", war Huster überzeugt.
Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung