Tarifabschluss der Länder eine Enttäuschung für Pflegende
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Der in der vergangenen Woche verhandelte Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst der Länder ist nach Ansicht der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) höchst enttäuschend für beruflich Pflegende, die beispielsweise in den Universitätskliniken nach TV-L beschäftigt sind. Den in der Pandemie so häufig von der Politik geäußerten Worten des Danks, der Anerkennung und Wertschätzung hätten die Verantwortlichen in den Tarifverhandlungen jetzt auch Taten folgen lassen und diese Anerkennung durch angemessene Tariferhöhungen untermauern müssen, so die berechtigte Erwartung der gesamten Berufsgruppe.
Doch statt eine sofortige Erhöhung der Tarife zumindest auf Inflationsniveau für die beruflich Pflegenden zu vereinbaren, ist eine regelhafte Steigerung um nur 2,8 Prozent erst von Dezember 2022 an zu erwarten. Und das für eine seit zwei Jahren immer wieder als „systemrelevant“ bezeichnete Berufsgruppe. Damit verfehlen die Verhandlungspartner – auf Arbeitgeberseite die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und für die Arbeitnehmer die Gewerkschaft ver.di – das Signal der Aufwertung der Pflegeberufe deutlich. Zahlreiche VdPB-Mitglieder haben ihre Enttäuschung und Verärgerung darüber bereits geäußert.
„Wir erfahren über die unterschiedlichsten Kanäle, dass unsere Mitglieder nicht nur unzufrieden, sondern geradezu verärgert sind. Die erhöhten Zulagen kommen nur einem Teil der Beschäftigten zugute, auf die Tariferhöhung müssen andere bis Jahresende warten und diese ist nicht mal im Ansatz in der Höhe der derzeitigen Inflationsrate“, erklärt Georg Sigl-Lehner, Präsident der VdPB.
„Auch wenn die VdPB bei den Tarifverhandlungen nicht mit am Tisch sitzt, beobachten wir natürlich die Auswirkungen des Lohnniveaus in der Pflege, zum Beispiel auf die Attraktivität des Berufsbildes. Die gesellschaftliche Anerkennung für die Leistung beruflich Pflegender zeigt sich schließlich auch im Gehalt.“ Wenn die aber nicht sichtbar sei, könnten darunter alle anderen Bemühungen um verbesserte Arbeitsbedingungen leiden. In der Folge, so der VdPB-Präsident, werde sich die Personalnot in allen Settings der beruflichen Pflege weiter vergrößern. „Stimmen die Rahmenbedingungen nicht, und dazu gehört eine vernünftige Bezahlung, werden wir Kolleginnen und Kollegen an andere Berufe verlieren und auf der anderen Seite aber ganz sicher keine jungen Menschen für eine Ausbildung in der Pflege gewinnen.“
Man könne nicht einerseits auf allen politischen Ebenen in der Öffentlichkeit immer wieder mit Vehemenz eine bessere und angemessenere Entlohnung für Pflegende fordern und auf der anderen Seite kommentarlos solche Tarifabschlüsse durchwinken. Auch der Freistaat müsse hier als Arbeitgeber seiner eigenen Verantwortung gerecht werden. Ebenso enttäuscht ist man bei der VdPB allerdings auch von der Gewerkschaft, von der zu wenig Entschlossenheit ausgegangen sei, die ursprünglichen Forderungen im Interesse der Berufsgruppe und auch als Signal der öffentlichen Aufwertung zu verteidigen. Nach Ansicht der VdPB wurde mit dem aktuellen Tarifabschluss eine weitere Chance vertan, der beruflichen Pflege die ihr zustehende Anerkennung und Wertschätzung zu gewähren.
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung