Deutsche Einheit muss weiter erarbeitet werden
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Wenn an diesem Wochenende in Erfurt der Tag der Deutschen Einheit gefeiert wird, geschieht dies in diesem Jahr unter denkbar schlechten Bedingungen. Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier ist besorgt. „Es ist Krieg mitten in Europa, die Folgen sind auch bei uns jeden Tag spürbar. Millionen haben Angst, im Winter zu frieren, ihre Wohnung verlassen zu müssen und die Rechnungen nicht bezahlen zu können. Das öffnet den falschen Kräften Tür und Tor.“
Die SoVD-Vorsitzende appelliert an die Politik: „Wenn Menschen existenzielle Sorgen haben, sich nicht ernst genommen und abgehängt fühlen, ist das der Nährboden für Kräfte an den politischen Rändern. Es macht mich traurig, wenn bei aktuellen Umfragen rechtspopulistische Parteien vorne liegen, wie in den östlichen Bundesländern im Ganzen oder auch im Gastgeberland der diesjährigen Einheitsfeier, in Thüringen. Das muss ein Alarmsignal für die Politik sein“, so Engelmeier.
Eine Schlüsselrolle fällt für Michaela Engelmeier auch den einheitlichen Lebensbedingungen in Ost und West zu: „Es kann doch nicht sein, dass auch nach 32 Jahren staatlicher Einheit, diese etwa bei Löhnen und Renten immer noch nicht erreicht sind. Das ist nicht umsonst als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Aufgabe der Politik ist es, endlich für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen. Das ist gut für den sozialen Frieden und beugt der Spaltung der Gesellschaft vor.“
Zum Tag der Deutschen Einheit erklären die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge (Grüne) und Britta Haßelmann (Grüne):
Der 3. Oktober ist ein besonderer Tag. Für uns wie für so viele Menschen in unserem Land ist die Wiedervereinigung von sehr großer Bedeutung. Vor 32 Jahren haben wir in Ost und West gemeinsam ein neues Kapitel in unserer deutschen Geschichte aufgeschlagen und begonnen, fortan wieder gemeinsam die Zukunft unseres Landes in einem vereinten Europa zu gestalten. Wir erinnern uns der Freude an diesem Tag, nicht nur über das Ende der Teilung Deutschlands und der Hoffnung, die damit verbunden war. Und wir erinnern uns der vielen Menschen in der DDR, die mit ihrem Mut und ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie die Mauer zum Einsturz gebracht haben.
Am heutigen Tag der Deutschen Einheit blicken wir aber auch mit Sorge in die Zukunft. Gerade in Zeiten der Krise muss sich eine Demokratie beweisen und zeigen, dass uns sozialer Zusammenhalt, ein gutes Miteinander und die Gestaltung der Zukunft wichtig sind.. Klimakrise, Corona-Pandemie und der Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine verbunden mit einer tiefen Wirtschaftskrise treffen auf Sorgen von Menschen vor Abstieg und Armut. Politik und Zivilgesellschaft müssen in der Lage sein, auch in schweren Zeiten Sinn zu stiften, Antworten zu geben und Perspektiven zu bieten. Und deshalb ist der Tag der Deutschen Einheit auch ein Tag der Mahnung – nicht nachzulassen in den Bemühungen, das Fundament unserer Demokratie jeden Tag zu stärken, unser Land widerstandsfähiger zu machen und Zukunft zu gestalten.
Unser Land hat sich verändert, in Ost und West. Es hat Kraft gekostet, Ausdauer und manchen persönlichen Rückschlag. Es ist wichtig, dass jetzt das Zukunftszentrum Deutsche Einheit entsteht, um diese Leistungen zu dokumentieren und Diskussionsräume zu eröffnen, mit denen mehr ostdeutsche Perspektiven in die gesamtdeutschen Debatten einfließen. Gerade die besonderen Erfahrungen von Menschen aus Ostdeutschland sind in den Jahren der Transformation, die noch vor uns liegen, ein Erfahrungsschatz, aus dem wir schöpfen können. Auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen überall in unserem Land ist noch ein gutes Stück zu gehen. Der höhere Mindestlohn von 12 Euro wird insbesondere Menschen mit geringem Einkommen entlasten. Die beschlossenen Entlastungspakete und der Abwehrschirm zur Energiekrise werden Unterstützung für Bürger*innen, Wirtschaft, Mittelstand und Handwerk bieten. Die jüngste Ansiedlung großer Zukunftsunternehmen in Brandenburg oder Sachsen-Anhalt weist den richtigen Weg zur Verbesserung der Wirtschaftskraft im Osten. Mit der verstärkten Ansiedlung von Bundes- und Forschungseinrichtungen im Osten und einer besseren Repräsentation von ostdeutschen Biographien in den Führungspositionen von Politik und Gesellschaft wird die Ampelkoalition alles daran setzen, Unterschiede weiter zu verringern.
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung