Wohnungslosigkeit - Wenn es Kinder trifft
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Statistisch scheint es keine offiziellen Zahlen zu geben, wenn es um das Thema von Wohnungslosigkeit geht. Zumindest hat man am 25. September 2019 folgendes auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht: "Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung sowie einer Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen beschlossen."
Nach den Schätzungen der BAG Wohnunslosenhilfe e.V (BAG W). gab es im Jahr 2018 etwa 678.000 Tausend Menschen ohne Wohnung. Diese Gesamtzahl lässt sich etwa wie folgt aufschlüsseln:
- 166.000 (70%) der wohnungslosen Menschen sind alleinstehend
- 71.000 (30%) leben mit Partnern und/oder Kindern zusammen.
Die BAG W schätzt die Zahl der Kinder und minderjährigen Jugendlichen auf 8% (19.000), die der Erwachsenen auf 92% (218.000). Der Anteil der Erwachsenen Männer liegt bei 73% (159.000); der Frauenanteil liegt bei 27% (59.000).(Alle Angaben jeweils ohne Berücksichtigung der wohnungslosen Geflüchtete.)
Das gerade die hohe Anzahl Wohnungloser Kinder nicht ohne Resonanz bleibt, war nicht verwunderlich. Chris Kühn (Bündnis 90/Die Grünen), Sprecher für Wohnungspolitik: „Für ein Land wie Deutschland sind die aktuellen Zahlen ein Armutszeugnis. Es ist eine Schande, dass in einem der reichsten Länder der Welt 19.000 Kinder und Jugendliche kein festes Zuhause haben. Die Bundesregierung muss Wohnungslosigkeit endlich wirksam bekämpfen. Die jüngsten Schätzungen zur Wohnungslosigkeit spiegeln auch die dramatische Situation auf unseren Wohnungsmärkten wieder. Die Wohnungskrise ist längst zu einem Mittelschichtproblem geworden. Angesichts dieser Dramatik sind die Maßnahmen der Bundesregierung längst nicht ausreichend. Statt nun mit dem Rückenwind günstiger Zinsen massiv in den sozialen Wohnungsbau zu investieren, streicht die Bundesregierung noch 500.000 Millionen Euro. Zudem muss der Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter deutliche verbessert werden. Denn wirksame Prävention von Obdach- und Wohnungslosigkeit heißt, frühzeitig Wohnungsverlust zu verhindern.“
Wer jetzt erwartet hätte, dass dieses Thema sich auch in dem Antrag unter dem Titel, „30 Jahre UN-Menschenrechtskonvention – Kinderrechte weltweit schützen und verwirklichen sowie internationales Engagement verstärken“, wieder findet, wurde leider enttäuscht. Dabei mahnt sogar Unicef an: "ZAHLREICHE KINDERRECHTE WERDEN IN DEUTSCHLAND VERLETZT". Unicef stellt in seiner Pressemitteilung dar: "Das Recht auf ein Aufwachsen in sozialer Sicherheit ist Teil der UN-Kinderrechtskonvention und in Deutschland für viele Kinder in Gefahr. Trotz Wirtschaftswachstum und sinkender Arbeitslosigkeit steigt die Kinderarmut seit Jahren an. Besonders betroffen sind die Kinder, die in Familien mit einem alleinerziehenden Elternteil leben, denn über ein Drittel der Familien mit alleinerziehendem Elternteil gelten als arm."
In einem Bericht der UN (UN-Sozialpakt) wurde Deutschland bereits kritisiert. So heißt es dort im Abs. 47: "Er fordert den Vertragsstaat nachdrücklich auf, die Regeln für Sanktionen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass das Existenzminimum immer angewendet wird. [....] Der Ausschuss macht den Vertragsstaat auf seine allgemeine Bemerkung Nr. 19 (2007) zum Recht auf soziale Sicherheit aufmerksam."
Der Absatz 46 macht es noch deutlicher: "Der Ausschuss ist besorgt, dass die Höhe der sozialen Grundleistungen nicht ausreicht, um den Empfängern und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen."
Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) sagte in der Hartz IV Diskussion im Deutschen Bundestag: "Worüber wir hier natürlich auch sprechen müssen, ist die Tatsache, dass Sanktionen Wirkungen zeigen, die wir nicht wollen. Dazu zählen, wenn es auch wenige Fälle sind, Wohnungslosigkeit oder der komplette Abbruch des Kontaktes der Betroffenen zu den zuständigen Behörden. Wir sehen also durchaus, dass wir uns bei den Sanktionen auf einem sehr, sehr schmalen Grat bewegen"
Vielleicht müsste keiner mehr über das Thema sprechen, wenn sich einfach an den Bericht des UN-Sozialpaktes gehalten wird, denn gerade Kinder gelten nach Deutschem Recht als "Schutzbefohlende" und sollten dort aufwachsen, wo sie hingehören. Zusammen mit ihren Eltern in einer sicheren Unterkunft. Klaus Wicher, SoVD Chef in Hamburg meinte bereits 2017: "Kinderarmut ist immer auch Elternarmut – wenn wir die nachfolgenden Generationen unterstützen wollen, müssen wir bei den Erwachsenen anfangen."
Adolf Bauer (SoVD-Präsident) stellte 2017 dar: "Die neuen Armutszahlen stellen der Koalition kein gutes Zeugnis aus. Seit Jahren beobachten wir eine verhängnisvolle Armutsentwicklung, die insbesondere den Nachwuchs von Alleinerziehenden betrifft. Und das muss sich ändern. Den politischen Parteien bietet sich in der noch verbleibenden Zeit bis zur Bundestagswahl eine gute Gelegenheit, um Lösungskonzepte vorzustellen. Denn die nächste Bundesregierung muss eine umfassende Strategie gegen die Kinderarmut in Deutschland entwickeln - und dann auch umsetzen. Nötig ist eine Förderung, die alle Kinder und Familien erreicht. Das Armutsrisiko von Kindern muss endlich sinken. Eine Neubemessung der Hartz-IV-Regelsätze und bildungspolitische Maßnahmen wären erste Schritte."
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