Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz muss endlich reformiert werden!
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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss schnell und umfassend reformiert werden. Das fordert die Bundesvereinigung Lebenshilfe gemeinsam in dem zivilgesellschaftlichen Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“. Das aus 100 Organisationen bestehende Bündnis hat heute eine umfassende Ergänzungsliste zum Gesetz sowie eine Stellungnahme mit 11 zentralen Forderungen vorgestellt und an die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung übergeben.
Ein Bündnis aus 100 Organisationen, darunter der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI), haben heute, am 25.01.2023, gemeinsam als zivilgesellschaftliches Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“ eine umfassende Ergänzungsliste zum Gesetz und eine Stellungnahme mit elf zentralen Forderungen vorgestellt und an die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung übergeben.
In ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) angekündigt. Konkrete Schritte für deren Umsetzung lassen jedoch auf sich warten.
„Diskriminierung hat viele Gesichter – die im Paragraph 1 des AGG aufgezählten Merkmale greifen jedoch nicht alle Diskriminierungskategorien auf, die Millionen von Menschen in diversen Lebensbereichen allzu gut bekannt sind,“ sagt Dr. Deniz Nergiz, Geschäftsführerin des BZI, die den Verband in der Pressekonferenz des Bündnisses vertrat. Um Schutzlücken zu schließen, fordert der BZI mit dem Bündnis, Diskriminierungskategorien unter anderem um sozialen Status, Staatsangehörigkeit und Sprache zu erweitern und eine Verbandsklage sowie weitere Maßnahmen einzuführen, die die Rechtsdurchsetzung unterstützen.
Zentral sei dabei auch die Ausweitung des AGG auf staatliches Handeln, um vor allem bei institutioneller Diskriminierung, wie beispielsweise „racial profiling“, angemessenen Rechtsschutz zu gewährleisten, so Nergiz.
„Diskriminierungsfragen spiegeln Gesellschaftsfragen wider – wir fordern ein Gleichbehandlungsgesetz, das den Anspruch hegt, tatsächlichen Schutz für alle Menschen und gegen alle gegenwärtigen Diskriminierungsformen zu garantieren. Gewartet haben wir als Gesellschaft lange genug – deshalb laden wir jetzt die Politik auf die Aufholspur ein, um offensichtliche Schutzlücken zu schließen“, so Nergiz.
Hintergrund: Um die Reformbestrebungen der Bundesregierung voranzutreiben und kritisch zu begleiten, hat der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) eine umfassende Ergänzungsliste zum AGG sowie eine von 100 Organisationen unterzeichnete Stellungnahme koordiniert. Hieraus hat sich das Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“ gebildet, das die langjährige Expertise im Diskriminierungsschutz von einem breiten thematischen sowie Community-basierten Spektrum an zivilgesellschaftlichen Organisationen bündelt.
Die Lebenshilfe setzt sich für Menschen mit Behinderung ein und hat folgende vier Forderungen eingebracht:
- Wenn gegen bestehende Vorgaben zur Barrierefreiheit verstoßen wird und verhältnismäßige Einzelfalllösungen zur Überwindung von Barrieren („angemessene Vorkehrungen“) versagt werden, muss das als Diskriminierung im Sinne des AGG gelten und sanktioniert werden.
- Bisher zulässige Rechtfertigungsgründe für Ungleichbehandlung müssen eingeschränkt werden. Es darf nicht sein, dass behinderte Menschen wegen einer vorgeschobenen Gefahrenabwehr aus Schwimmbädern, Freizeitparks oder von Reisen ausgeschlossen werden.
- Eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderung muss auch bei allen sogenannten sonstigen zivilrechtlichen Schuldverhältnissen, wie beispielsweise bei Gesundheitsdienstleistungen, verboten sein. Derzeit bietet das AGG einen umfassenden Schutz nur bei Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft.
- Schließlich müssen das AGG und das Behindertengleichstellungsgesetz dringend miteinander verzahnt werden. Sie müssen zusammen gedacht und reformiert werden, um einen umfassenden und lückenlosen Schutz vor Diskriminierung zu erreichen. Derzeit ist das Verbot der Diskriminierung durch private Akteure, durch Bundes- und durch Landesbehörden noch ganz unterschiedlich geregelt. Das führt zu erheblichen Schutzlücken.
Nun liegt es an den Regierungsfraktionen, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten und das AGG zu reformieren!