Bundesrat fordert niedrigeren Betrag der Ausgleichsabgabe
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Die Bundesregierung plant eine vierte Stufe der Ausgleichsabgabe einzuführen, die für Unternehmen gilt, die keinen Menschen mit Behinderungen beschäftigen, obwohl die Verpflichtung dazu besteht. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu "Wir legen den Schwerpunkt auf die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen. Wir werden die neu geschaffenen einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber weiterentwickeln und eine vierte Stufe der Ausgleichsabgabe für jene einführen, die trotz Beschäftigungspflicht keinen Menschen mit Behinderungen beschäftigen."
Aus diesem Aufgabenpaket heraus, hat die Koalition der aktuellen Bundesregierung, dieses Vorhaben konkretisiert. Der Ansatz liegt in der vierten Stufe der Ausgleichsabgabe, dass ein Unternehmen, welches trotz Pflicht keinen Menschen mit Behinderungen beschäftigt, eine Ausgleichsabgabe von 720 Euro je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz an das Integrationsamt bezahlen müssten.
Dass die Union diese Ausgleichsabgabe in der Höhe für falsch hält, dass hatte der Unionsabgeordnete Wilfried Oellers (CDU), in dem Interview vom 7. Juli 2022, gegenüber EU-Schwerbehinderung geäußert. Oellers betonte damals: "Wir in der Unionsfraktion sehen diesen Punkt kritisch. Wir sehen ihn deswegen kritisch, weil in unseren Augen die Unternehmer zunächst einmal eine Begleitung bekommen müssen, wenn sie einen Menschen mit Behinderung beschäftigen."
Oellers führte aus, dass es sich dabei um Betriebe handeln würde, die eine Größe zwischen 20 und 60 Mitarbeitern besitzen, oft keine eigene Personalabteilung hätten "und aus eigener Erfahrung heraus weiß ich, wie umfangreich und aufwändig es ist, einen Menschen mit Behinderung zu beschäftigen." (den genauen Wortlaut finden sie hier: Bezahlung in Werkstätte für Menschen mit Behinderung Planung der Bundesregierung - YouTube) Als der Referentenentwurf zur Ausgleichsabgabe erschien (wir berichteten: Union kritisiert Entwurf zum inklusiven Arbeitsmarkt) gab es wiederholt Kritik von der Union und die Union wurde damit kritisiert, dass sie zu arbeitgeberfreundlich sei.
Jetzt hat sich der Bundesrat in der Drucksache 682/1/22 in einer Stellungnahme zur Sitzung am 10. Februar 2023 geäußert. Darin bittet der Bundesrat "im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die vierte Staffel der Ausgleichsabgabe auch mit einem deutlich niedrigeren Betrag als 720 Euro je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz ihre Antriebsfunktion zur Verbesserung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erfüllen kann"
In der Begründung des Bundesrats heißt es dazu, dass der Gesetzentwurf "weder eine Begründung der festgesetzten Höhe noch Berechnungen der finanziellen Belastungen der Wirtschaft" aufweise und "Aufgrund der anhaltenden Probleme vieler Wirtschaftszweige sollten zusätzliche Belastungen jedoch auf ein notwendiges Minimum begrenzt werden."
Die Ausgleichsabgabe ist schon lange ein kritisch diskutiertes Thema, denn viele betroffene Menschen sehen die Ausgleichsabgabe eher als zu gering, da sie wenig Motivation dazu gibt, Menschen mit Behinderungen in einem Unternehmen zu beschäftigen. Viele Unternehmen betrachten Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen als Kostenrisiko und investitionsintensiv. Zudem bietet die gesetzliche Regelung eine Kompensationsmöglichkeit der Ausgleichsabgabe, indem Unternehmen Aufträge an Werkstätte für behinderte Menschen (WfbM) vergeben und der aus den Aufträgen resultierende Stundenlohn, sich zu 50 Prozent mit der Ausgleichsabgabe verrechnen lässt.
Um der vermeidlichen "Attraktivität" der Ausgleichabgabe entgegenzuwirken, wird schon lange eine Anhebung selbiger gefordert. Oft ist den Unternehmen nicht bekannt, welche Unterstützung es für Unternehmen, aber auch für behinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt. Ein großes Manko ist allerdings, die Beschaffung besonderer Arbeitsplatzausstattung. Dies Beschaffung ist oft nicht kurzfristig möglich, so dass bei der Neueinstellung oft der Punkt offen ist, zu welchem Termin ein Beschäftigungsbeginn möglich ist.
In dem unter Top 12 für den 10. Februar angekündigten Tagesordnungspunkt "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkt" werden konkret folgende Empfehlungen des Ausschusses aufgeführt: "Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik empfiehlt unter anderem, im weiteren Gesetzgebungsverfahren das Jobcoaching am Arbeitsplatz als definiertes Leistungsangebot zur Teilhabe am Arbeitsleben aufzunehmen. Weitere Empfehlungen betreffen Klarstellungen zur Genehmigungsfiktion für Anspruchsleistungen des Integrationsamtes. Auch die Verschiebung des zu berücksichtigenden Zeitraumes zur Ermittlung Kosten der durchschnittlichen Warmmiete soll angepasst werden, um eine finanzielle Überforderung der Leistungsanbieter von besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe durch gestiegene Energiekosten zu vermeiden. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt eine Stellungnahme zur Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber. Es soll geprüft werden, ob die vierte Staffel der Ausgleichsabgabe auch mit einem deutlich niedrigeren Betrag als 720 Euro je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz ihre Antriebsfunktion zur Verbesserung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erfüllen kann. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben"
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung