Stellungnahme: Sozialhilfeträger schulden bayerischen Pflegeeinrichtungen Millionenbeträge
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Am 28. November hatten wir bereits über ein Umstand berichteten, bei dem Sozialämter in Bayern bei stationären Pflegeeinrichtungen Schulden in Milliardenhöhe haben soll. Diese Aussage beruhte auf eine Blitzumfrage des Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa).
"Dabei bildet der Bezirk Oberbayern die traurige Spitze mit 3 Millionen Euro an gemeldeten Außenständen", hieß es im damaligen Artikel. "Als Ausrede werden immer wieder der Personalmangel in den Ämtern oder ein angeblich hoher Prüfaufwand angeführt. Das trägt aber nicht. Die Einrichtungen müssen auch pünktlich die Gehälter, Mieten, Steuern und Sozialabgaben zahlen", sagte der bayerische bpa-Landesvorsitzende Kai A. Kasri.
Heute hat sich der Bezirk Oberbayern in einer Stellungnahme zum Sachverhalt geäußert und betonte: "Der Bezirk Oberbayern finanziert 2023 in der ambulanten und stationären Hilfe zur Pflege Leistungen in Höhe von 326,6 Millionen Euro für über 19.000 Personen. Unsere Mitarbeitenden sind bestrebt, über Erstanträge von pflegebedürftigen Menschen möglichst zeitnah zu entscheiden. Im Sozialgesetzbuch ist jedoch der Nachrang der Sozialhilfe verankert. Das heißt: Die Sozialhilfe springt nur ein, wenn sich Personen nicht selbst helfen können. Deshalb muss der Bezirk Oberbayern als Träger der Hilfe zur Pflege vor einer Kostenübernahme prüfen, ob hilfesuchende Personen ihren Bedarf aus eigenem Einkommen oder Vermögen selbst decken können. Das heißt: Selbst, wenn eine Person bereits Leistungen in einer Pflegeeinrichtung in Anspruch nimmt, darf der Bezirk Kosten erst erstatten, wenn er die finanziellen Verhältnisse und damit die Anspruchsberechtigung abschließend geklärt hat. Dieser rechtliche Rahmen, an den der Bezirk gebunden ist, ist dem bpa bekannt.
Insgesamt bemühen wir uns intensiv um einen engen Austausch mit den betroffenen Personen, deren Angehörigen und ggf. deren Betreuern. Trotzdem müssen die Sachbearbeitungen immer wieder Unterlagen nachfordern, die für eine Entscheidung relevant sind: z. B. Nachweise über Einkommens- und Vermögenswerte, Rentenbescheide, Grundbuchauszüge etc. In Einzelfällen sind zeitintensive, umfangreiche und wiederholte Nachrecherchen von Nöten, damit eine Antragsprüfung überhaupt erst möglich wird. Wir sind hier auf die Mitwirkung der antragstellenden Personen angewiesen. Dadurch können im Einzelfall Verzögerungen und Zahlungsrückstände bei Pflegeeinrichtungen entstehen, die wir sehr bedauern.
Der Bezirk Oberbayern überweist Heimkosten immer monatlich im Voraus an die Pflegeeinrichtungen. Derzeit beläuft sich dieses Volumen bei den oberbayerischen Einrichtungen auf ca. 30 Millionen Euro monatlich. Die Überweisungen erfolgen immer für den vollständigen Monat am Monatsanfang, während die Einrichtungen die Gehälter für den laufenden Monat erst am Monatsende erstatten. Diese Systematik schafft eine gewisse finanzielle Flexibilität und kompensiert teilweise den Umstand, dass vor einer abschließenden Kostenübernahmeentscheidung keine Abschlagszahlungen vorgenommen werden dürfen.
Insgesamt nimmt der Bezirk Oberbayern Hinweise zu Außenständen der Einrichtungsträger aufgrund fehlender Entscheidungen zur Kostenübernahme sehr ernst. Der Bayerische Bezirketag – der Spitzenverband der sieben bayerischen Bezirke – hat auf Landesebene bereits für Anfang Dezember einen gemeinsamen Austausch mit den Verbänden der Leistungserbringer zu dieser Thematik initiiert. Auch der Bezirk Oberbayern sucht regelmäßig den direkten Dialog mit den Einrichtungen, um die Zusammenarbeit zu optimieren. Insbesondere wenn Fälle mit einer langen Bearbeitungsdauer festgestellt oder mitgeteilt werden, die im Regelfall den besonderen Umständen des Einzelfalles geschuldet sind, erfolgt eine Priorisierung, um hohen Außenständen seitens den Einrichtungsträgern entgegenzuwirken. Auch beim uns besteht größtes Interesse an zeitnahen Entscheidungen über die eingereichten Anträge.
Bedauerlicherweise waren zuletzt weitere Faktoren mitverantwortlich, dass es bei der Bearbeitungsdauer in der Hilfe zur Pflege teilweise zu Verzögerungen gekommen ist. Seit 2022 gab es in der Pflege enorme Kostensteigerungen. Diese wirkten sich auch auf die Höhe der neu mit den Pflegekassen und dem Bezirk Oberbayern vereinbarten Leistungsentgelte aus. In der Folge sind zahlreiche Heimbewohnerinnen und Heimbewohner, die zuvor die Einrichtungskosten aus eigenen Einkünften begleichen konnten, auf Sozialhilfeleistungen angewiesen. Zudem hat sich Anfang 2023 der Vermögensfreibetrag für leistungsberechtigte Personen verdoppelt. Beide Faktoren führen dazu, dass ein wesentlich größerer Personenkreis Hilfe zur Pflege beantragen kann. Im laufenden Jahr wurden bei uns deshalb bereits 5.583 zusätzliche Anträge für stationäre Hilfe zur Pflege eingereicht – ein Plus von 15,8 % gegenüber 2022 zum gleichen Zeitpunkt."
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung