Fast jeder fünfte Rentner von Altersarmut betroffen
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Knapp jeder fünfte Rentner in Deutschland war im vergangenen Jahr von Armut bedroht. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Drucksache: 20/12534 Besonders betroffen sind Frauen, die trotz eines langen Arbeitslebens im Alter oft nur wenig Geld zur Verfügung haben. Die Altersarmut nimmt zunehmend zu. Eine Studie des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2021 bestätigt diese Entwicklung. Der zweite Bericht "Das Einkommen der Hochaltrigen in Deutschland" zeigt die deutlichen Unterschiede in der Einkommenssituation von Menschen über 80 Jahren.
Laut Bericht sind 22,4 Prozent der über 80-Jährigen von Einkommensarmut betroffen, was bedeutet, dass ihr Einkommen 1167 Euro im Monat nicht überschreitet. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung beträgt die Armutsquote 14,8 Prozent. Auffällig ist der Zusammenhang zwischen Bildung und Einkommen, der auch im hohen Alter fortbesteht. Hochgebildete Senioren haben im Durchschnitt ein monatliches Nettoeinkommen, das um fast 1150 Euro höher liegt als das von niedriggebildeten Hochaltrigen. Bei den niedriggebildeten Menschen dieser Altersgruppe liegt die Armutsquote bei 41,5 Prozent, während sie bei den Hochgebildeten nur 6,7 Prozent beträgt.
Der Bericht zeigt auch geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Hochaltrige Frauen haben im Durchschnitt ein monatliches Einkommen von 1765 Euro, während es bei Männern 2068 Euro beträgt. Besonders stark betroffen sind Frauen, die nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind – ihre Armutsquote liegt bei über 50 Prozent. Auch regional gibt es Unterschiede: Während das durchschnittliche Einkommen in Ostdeutschland etwas unter dem in Westdeutschland liegt, ist die Armutsquote im Osten mit 18,2 Prozent niedriger als im Westen, wo sie bei 23,7 Prozent liegt.
Insgesamt 2,8 Prozent der Hochaltrigen gelten als einkommensreich, mit einem monatlichen Einkommen von über 3940 Euro pro Kopf. Dennoch bleibt die Altersarmut vor allem ein weibliches Problem. Über 20 Prozent der Frauen sind betroffen. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) in Niedersachsen betont anlässlich des "Internationalen Tags für die Beseitigung der Armut" am 17. Oktober die Notwendigkeit, die Regelsätze in der Grundsicherung zu erhöhen und strukturelle Probleme anzugehen, die Frauen in die Altersarmut treiben.
Etwa jede fünfte Frau hat im Alter zu wenig Geld zum Leben. Bei Männern liegt die Zahl deutlich niedriger. „Jeder Mensch, der unter dem Existenzminimum leben muss, ist ein Mensch zu viel. Die Zahlen zeigen jedoch, dass beim Kampf gegen Altersarmut insbesondere die Senior*innen in den Mittelpunkt gerückt werden müssen“, betont Dirk Swinke, Vorstandsvorsitzender des SoVD in Niedersachsen. Besonders kritisch sieht er deshalb die geplante Nullrunde bei der Grundsicherung, die nicht nur das Bürgergeld, sondern auch die Grundsicherung im Alter betrifft. „Die Aufmerksamkeit hat sich bislang nur auf die Nullrunde beim Bürgergeld konzentriert. Fakt ist aber: Auch armutsbetroffene Senior*innen werden dann leer ausgehen“, so Swinke. Statt polemischer Debatten brauche es vielmehr einen Regelsatz von mindestens 750 Euro im Monat. „Nur dann ist ein armutsfestes Niveau gegeben“, sagt der Vorstandsvorsitzende.
Auch Klaus Wicher, Hamburger Vorsitzender des SoVD, sieht zum "Internationalen Tag zur Bekämpfung von Armut" einen dringenden Handlungsbedarf. „Fast jede Fünfte in Hamburg ist mit Armut konfrontiert“, erklärt Wicher. Er fordert mehr Unterstützung von der Stadt, insbesondere für Alleinerziehende, Menschen mit geringer Bildung und Familien mit vielen Kindern. „Ein Mindestlohn von 15 Euro und eine Grundsicherung für Kinder sind entscheidend, um diesen Menschen eine bessere Zukunft zu ermöglichen“, so Wicher. Hamburg müsse sich aktiv dafür einsetzen, Armut nachhaltig zu bekämpfen.