Trendstudie der Aktion Mensch zeigt: Keine soziale Teilhabe ohne digitale Teilhabe
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Die Corona-Pandemie zeigt, dass soziale und digitale Teilhabe zunehmend miteinander verschmelzen: Nur wer Zugang zu Technologie hat und damit auch umzugehen weiß, kann an gesellschaftlichen Prozessen teilnehmen. Für Menschen mit Behinderung kann das zu einer stärkeren Ausgrenzung führen.
Gleichberechtigte Teilhabe: Corona fördert und hemmt zugleich
Durch die zunehmende Relevanz (neuer) digitaler Formate und die beschleunigte Technologisierung in der Krise haben Menschen mit Behinderung grundsätzlich mehr Möglichkeiten zur Partizipation. Das gilt auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungswesen ebenso wie in ihrer Freizeit:
- Digitale Lösungen ermöglichen flexibles und ortsungebundenes Arbeiten und Lernen; auch für Menschen, die weniger mobil sind. Unterstützend wirken assistive Technologien wie Sprachcomputer oder Screenreader.
- Digitale Medien und Plattformen wie YouTube oder Instagram fördern Vernetzung und Engagement sowie Sichtbarkeit und Positionierung – und stärken so die Selbstvertretung von Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit.
- Technologiebasierte Assistenztools – etwa digitale Haushaltshilfen, Notfallsysteme oder Erinnerungs-Apps – schaffen für viele Menschen mit Behinderung eine größere persönliche Unabhängigkeit.
Neben den Chancen der Digitalisierung zeigt die Studie auch Risiken auf, die dazu führen können, dass Menschen mit Behinderung vom technologischen Fortschritt ausgeschlossen werden:
- Technik kann Barrierefreiheit gewährleisten, aber auch neue Barrieren entstehen lassen – etwa, wenn bei der Entwicklung von Tools oder Programmen die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung nicht berücksichtigt werden. Derzeit fehlt es jedoch noch häufig an Wissen über digitale Barrierefreiheit.
- Auch die Faktoren Zugang und Kosten spielen eine große Rolle: So scheuen viele Unternehmen etwa eine Investition in die Einrichtung barrierefreier Arbeitsplätze und die entsprechende technische Ausstattung.
- Menschen mit einer Sinnes- oder Mobilitätseinschränkung wird eine größere Chance an digitaler Teilhabe zugeschrieben als Menschen mit einer Lernbehinderung. Viele Befragte äußern daher ihre Besorgnis um eine Spaltung zwischen Menschen unterschiedlicher Behinderungen. Von zentraler Bedeutung ist hier eine Qualifizierung im Umgang mit digitalen Anwendungen.
„Die Corona-Pandemie hat auf die Digitalisierungsprozesse in der Gesellschaft wie ein Brennglas gewirkt: Die Chancen verstärken sich, aber auch die Risiken“, sagt Silke Borgstedt, Director Research & Consulting bei der SINUS Markt- und Sozialforschung.
Digitale Barrierefreiheit und gesellschaftliches Umdenken sind unerlässlich
Besonders in Zeiten wie diesen wird deutlich: Digitale Teilhabe ist die Basis einer modernen und zukunftsfähigen Gesellschaft. „Unsere Studie zeigt, dass eine chancengerechte Teilhabe aller nur dann möglich ist, wenn digitale Barrierefreiheit konsequent durchgesetzt wird“, so Christina Marx, Leiterin der Aufklärung bei der Aktion Mensch. „Das gilt für die Optimierung bestehender und die Entwicklung neuer Anwendungen ebenso wie hinsichtlich der Vermittlung von Wissen und Kompetenz“.
Als größte private Förderoganisation im sozialen Bereich in Deutschland setzt die Aktion Mensch genau hier an. Sie unterstützt gemeinnützige Organisationen bei der Anschaffung von Hardware sowie bei der Finanzierung von Bildungs- und Qualifzierungsmaßnahmen – und befähigt so eine gleichberechtigte Partizipation von Menschen mit Behinderung am digitalen Fortschritt.
Zum Studiendesign
Die Studie verbindet eine Analyse aktueller Digitaltrends mit den Einschätzungen von zwölf Expert*innen aus Wissenschaft und Politik sowie 43 Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen entlang der Lebensbereiche Arbeit, Bildung, Freizeit und Wohnen. Die Interviews wurden im Herbst 2019 geführt.
Ein Download der detaillierten Studienergebnisse ist möglich unter: www.aktion-mensch.de/studie-digitale-teilhabe
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung