Der Bundestag hat das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschlossen
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Der Bundestag hat heute am Donnerstag in zweiter und dritter Lesung dem Gesetzentwurf über "das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz" zugestimmt. (19/26107) Die Bundesregierung will mit dem Gesetz Kinder und Jugendliche aus einem belastenden Lebensumfeld besser schützen und ihnen dabei auch mehr Chancen auf Teilhabe geben.
Mit dem Gesetz sollen die rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt werden. Ziel sei ein wirksames Hilfesystem, das Kinder vor Gefährdungen schützt und Familien stärkt, schreibt die Bundesregierung.
So sei das Ziel die gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit für alle jungen Menschen zu sichern beziehungsweise herzustellen. Zudem soll unter anderem mit dem Gesetz, die Anforderungen an die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Kinderheime und andere Einrichtungen zu erhöhen. Außerdem sollen Aufsicht und Kontrolle verstärkt werden.
Bereits im Januar hatte Franziska Giffey, die Bundesfamilienministerin im Bundestag begrüßt das Kinder -und Jugendschutzgesetz und eröffnet ihrer Rede „ich freue mich das wir heute gleich zwei Familien politische große und bedeutsame Gesetzgebungsvorhaben hier im Plenum beraten und besprechen können.“ Das sei ein gutes Signal gerade in dieser Zeit für die Familien in Deutschland, betonte Giffey.
Nach langer Vorbereitung seien endlich die Gesetze auf dem Weg, so die Ministerin. Nachdem Gute KiTa-Gesetz, Starke-Familien-Gesetz haben wir ein weiteres Flaggschiff der Kinder und Jugendpolitik in Deutschland, betonte Giffey. „Wir reden über rund 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche, die in Familien leben die nicht alleine zu recht kommen, diese Familien brauchen unserer Unterstützung sie erhalten Hilfe zu Erziehung und dafür gibt der Staat rund 13 Milliarden Euro pro Jahr aus und allein 240.000 dieser Kinder leben in Einrichtungen oder bei Pflege Familien und für sie alle sind wir verantwortlich“, so die Ministerin.
Ulrike Bahr, zuständige Berichterstatterin von der SPD teilt zum heutigen beschlossen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz mit:
„Mit dem Gesetz stärken wir vor allem Kinder und Jugendliche aus einem belasteten Lebensumfeld. Sie sollen bessere Chancen auf Teilhabe haben. Dazu erhalten sie einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung, Ombudsstellen werden gesetzlich verankert, Selbstvertretungsorganisationen können künftig in der Jugendhilfeplanung mitreden.
Die SPD-Fraktion im Bundestag stellt die Weichen dafür, dass die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zuständig wird. Das ist überfällig, denn alle hilfesuchenden Familien sollen möglichst passgenaue Hilfen aus einer Hand erhalten. Regelangebote wie Kitas, Kindertagespflege oder auch die offene Kinder- und Jugendarbeit sollen sich ab sofort inklusiv ausrichten. Für Jugendliche, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen der Erziehungshilfe leben, haben wir erreicht, dass sie sich höchstens zu 25 Prozent an den Kosten der Unterbringung beteiligen müssen. Keine Kostenheranziehung wäre uns allerdings noch lieber gewesen.“
Sönke Rix, kinder- und jugendpolitischer Sprecher von der SPD:
„Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz gelingt die lange vorbereitete Weiterentwicklung einer wichtigen Säule im System der sozialen Sicherung. Kinder sollen umfassend geschützt werden. Deshalb intensivieren wir die Zusammenarbeit der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitswesen und anderen wichtigen Akteuren. Wir balancieren die Rechte von Pflegeeltern und leiblichen Eltern neu aus. Ein Kind kann unter bestimmten Umständen auch dauerhaft in einer Pflegefamilie verbleiben. Es hat sich am Ende ausgezahlt, dem Gesetzgebungsverfahren einen umfassenden Beteiligungsprozess vorzuschalten. Wir sind zuversichtlich, dass auch der Bundesrat dem guten Reformwerk zustimmen wird.“
Das Bundesgesundheitsministerium teilt dazu mit:
Der Deutsche Bundestag hat heute den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG) beschlossen. Dieser kommt gerade Kindern suchtkranker Eltern sehr zugute. Schätzungen zufolge leben in Deutschland etwa 3 Millionen Kinder mit mindestens einem suchtkranken Elternteil zusammen. Viele von ihnen benötigen zumindest phasenweise Begleitung und Unterstützung.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Daniela Ludwig:
„Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Situation der Kinder suchtkranker Eltern ein ganzes Stück weit zu verbessern. Auf diesem – zugegebener Maßen langen - Weg machen wir mit diesem Gesetz einen echten Schritt nach vorn: In Zukunft können sich Jugendliche, die ein Problem haben, direkt an eine geeignete Beratungsstelle wenden. Sie brauchen dafür weder die Zustimmung ihrer Eltern noch des Jugendamtes. Und dort kann es, wenn die Not ganz groß ist, jetzt wirklich Hilfe von einem Tag auf den anderen geben. Viel schneller als bisher! Außerdem macht das Gesetz eine viel engere Kooperation von Ärzten und Jugendämtern möglich. Das alles brauchen wir, damit Kinder und Jugendliche aus Suchtfamilien eine größere Chance haben, trotz schwieriger Lebensumstände gesund aufzuwachsen!“
Weiterhin wird die Kooperation der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitswesen, den Strafverfolgungsbehörden, den Familiengerichten, der Jugendstrafjustiz und anderen wichtigen Akteuren im Kinderschutz ausgebaut.
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland teilte mit zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz: "Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz geht der Gesetzgeber einen wichtigen Schritt auf dem Weg der Verbesserung des Kinderschutzes und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen."
Für die Zukunft einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe werden leider nur zögerlich die Weichen gestellt. Eine Umsetzung erfolgt erst in sieben Jahren. Dabei ist ein mutiger Schritt längst überfällig, um die Teilhabe und Chancen junger Menschen mit und ohne Behinderung und ihrer Familien gleichermaßen zu fördern.
Die Rechte von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien aufwachsen, werden gestärkt. Maria Loheide: "Es ist gut, dass Eltern einen Anspruch auf Unterstützung der Beziehung zu ihrem Kind erhalten, auch dann, wenn ein Kind langfristig in einer Pflegefamilie lebt.
Allerdings widerspricht die vorgesehene obligatorische Adoptionsprüfung der Tatsache, dass manche Kinder Eltern und Pflegeeltern haben und brauchen. Dass Adoption die bessere Alternative ist, ist ein alter Zopf, der abgeschnitten gehört. Für Kinder sind und bleiben die leiblichen Eltern wichtig."Besonders erfreulich ist die verbindliche gesetzliche Regelung zur flächendeckenden Einführung von Ombudsstellen: "Das ist wirklich ein Meilenstein. Schon deshalb sollte der Bundesrat dem Gesetz zustimmen", so Loheide.
Autor: md / © EU-Schwerbehinderung