Der Pflegenotstand in Deutschland - Lösungen erarbeiten
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Der Pflegenotstand in Deutschland ist seit Jahren in aller Munde. Es fehlt an Pflegekräften, vor allem aber an der Umsetzung neuer Konzepte. Esther Pausch, seit über 35 Jahren Krankenpflegerin und heute Pflegedienstleitung am Klinikum rechts der Isar in München, absolvierte neben ihrem Vollzeitjob den Masterstudiengang Advanced Nursing Practice (ANP) an der Hochschule München und kann das Gelernte sofort umsetzen.
„Auch, wenn der Aufwand für das Studium enorm hoch war, bin ich begeistert. Ich habe extrem viel gelernt und vieles vertiefen können. Vor allem die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis war für mich spannend und wichtig für die tägliche Arbeit“, sagt Esther Pausch, die die letzten Jahre Studium und Job unter einen Hut bringen musste.
Lösungen mit den Patienten im Fokus
Obwohl sich in der Pflege alles immer auch um den Kosten-Nutzen-Faktor dreht, arbeitet Pausch täglich daran, ganzheitliche Lösungen zu finden, bei denen die Patienten im Fokus stehen. Während sich die Medizin technisch und wissenschaftlich rasant weiterentwickelt hat, ist die Pflege - laut Pausch - unterwegs stehen geblieben. Das möchte sie ändern. „Jeder Mensch hat ein Recht auf evidenzbasierte Medizin und die entsprechende Pflege. Es müssen dringend Lösungen gefunden werden, wie man den Anforderungen in Zukunft gerecht wird.“
Pflege auf Augenhöhe mit der Medizin
Gemeinsam mit ihrem zentralen Praxisanleiter und einem Kommilitonen aus ihrem Studiengang ANP initiierte Pausch im Klinikum rechts der Isar inzwischen eine langfristige Fortbildung für alle psychiatrisch Pflegenden. Diese Fortbildung behandelt wöchentlich die aktuellen psychiatrischen Pflegethemen - konzpiert nach Vorbild der Fortbildungen für Ärzte. Darüber arbeitet sie daran ein psychiatrisches Pflegekonsil zu implementieren, um die Versorgung psychiatrischer Patienten auf den somatischen Stationen des Hauses zu verbessern. „Die kontinuierliche berufliche Weiterbildung der Pflegefachkräfte stärkt sie in ihrem Arbeitsalltag. Das Pflegekonsil, das wir äquivalent zum Ärztekonsil konzipieren, stützt die inter- und intradisziplinäre Arbeit im Klinikum.“
Pflege in Prozessen denken
Ihre fachlichen Stärken und das wissenschaftliche Fundament, das sie sich im ANP-Studium aufbauen konnte, brachte Pausch auf Augenhöhe in den Gesprächen mit den Ärzten. Viele dieser Ärzte waren über die Jahre bereits bei ihr im „Pflegepraktikum“, um selbst Einblick in die Pflege zu erhalten. Die Akademisierung der Pflege ist für Pausch ein dringend notwendiger Schritt: „Empathie ist wichtig, aber man muss auch in Prozessen denken können. Für die Pflege reicht es nicht, nur nett zu sein.“
Das Thema Corona wird bei Pausch in den kommenden Monaten eine besondere Rolle einnehmen: Gemeinsam mit Prof. Dr. Christine Boldt, Professorin für Pflegewissenschaft an der HM, ist eine Teilstudie geplant, die Covid-19 in Bezug auf die Pflegediagnosen „soziale Isolation und Angst“ sowie „Furcht“ auf psychiatrischen Stationen untersucht – eventuell im Rahmen einer Promotion. „Auf Station konnten unsere Patientinnen und Patienten in den letzten Monaten glücklicherweise gut vor Corona geschützt werden, obwohl sie natürlich zur gefährdeten Personengruppe gehören.“
Redaktion / © EU-Schwerbehinderung