Angehörigen-Entlastungsgesetz auf den Weg gebracht
- Lesezeit: 4 Minuten
Schon lange ist seitens des BMAS geplant, Kinder von pflegebedürftigen Eltern zu entlasten. Das dazu notwendige Gesetz, wurde heute vom Bundeskabinett auf dem Weg gebracht. Das Gesetz sieht vor, dass Kinder pflegebedürftige Eltern erst ab einem Jahreseinkommen von 100000 Euro zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden dürfen.
Die alte Regelung galt nur für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Von der Neuregelung profitieren nun alle Kinder und Eltern bis zu einem Jahreseinkommen von 10000 Euro, die gegenüber Sozialleistungen unterhaltspflichtig sind.
Neu ist auch, dass diese Einkommensgrenze auch für Familien gelten soll, die sich um ein Kind mit Behinderung kümmern. Damit geht der Gesetzentwurf über die Vereinbarung im Koalitionsvertag hinaus.
Im gleichen Umfang sollen außerdem Menschen von Zuzahlungen befreit werden, deren Angehörige aufgrund einer Behinderung Anspruch auf eine sogenannte Eingliederungshilfe haben – etwa auf finanzielle Hilfe für den Umbau einer barrierefreien Wohnung oder auf einen Gebärdensprachdolmetscher.
Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen:
Zusätzlich ist ein Budget für Ausbildung geplant, mit dem Menschen mit Behinderung unterstützt werden, eine reguläre Berufsausbildung anzutreten. Bisher wurden nur Ausbildungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen gefördert, ohne dort einen anerkannten Berufsabschluss zu erwerben zu können
Die unabhängige Teilhabeberatung soll entfristet und finanziell aufgestockt werden. Mit der Teilhabeberatung haben Menschen mit Behinderung und deren Angehörige die Möglichkeit Hilfe Unterstützung sowie Beratung zu Fragen von Rehabilitation und Teilhabe, unabhängig von Leistungsträgern und Leistungserbringern, zu erhalten.
Darüber hinaus werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen in folgenden Bereichen gestärkt:
• Menschen mit Behinderungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) oder bei einem anderen Leistungsanbieter haben künftig grundsätzlich Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Damit wird einer Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit Rechnung getragen, indem Personen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer WfbM Personen im Arbeitsbereich einer WfbM gleichgestellt werden. Der Anspruch wird ebenfalls für Personen, die zukünftig ein Budget für Ausbildung erhalten, für die Dauer der Ausbildung eingeführt.
• Zudem erfolgt eine Ergänzung, die aufgrund der ab 1. Januar 2020 existierenden Trennung von Fachleistung der Eingliederungshilfe und Lebensunterhalt nach dem SGB XII notwendig ist: die Nichtanrechnung der von den Menschen mit Behinderungen bezogenen Rente oder anderer laufender Einkommen im Januar 2020. Diese Einkünfte werden auf den monatlichen Lebensunterhaltsanspruch nach dem SGB XII angerechnet. Die Nichtanrechnung gewährleistet, dass Menschen mit Behinderungen zu Anfang Januar ihr Lebensunterhaltsbedarf zur Verfügung steht und sie ihren Zahlungsverpflichtungen, insbesondere für Miete und Verpflegung, nachkommen können. In den Folgemonaten steht jeweils das monatliche Einkommen zusammen mit dem aufstockenden Anspruch nach dem SGB XII zur Finanzierung des Lebensunterhalts zur Verfügung. • Sobald die Notwendigkeit einer Arbeitsassistenz festgestellt ist, hängt die Höhe dieser Leistung künftig nicht mehr vom Ermessen der Integrationsämter ab. Es handelt sich hierbei künftig um eine Anspruchsleistung, die im SGB IX festgeschrieben wird.
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales: „Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz setzt die Bundesregierung ein weiteres zentrales Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Eltern und Kinder von pflegebedürftigen Angehörigen werden damit nachhaltig und spürbar entlastet. Sie sind durch die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen ohnehin stark belastet und tragen eine große Verantwortung. Wir nehmen ihnen jetzt die Angst vor unkalkulierbaren finanziellen Forderungen. Künftig müssen sie erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro einen Beitrag zu den Pflegekosten leisten. Wir beenden gleichzeitig eine jahrelange Ungleichbehandlung, indem wir die Regelung für die gesamte Sozialhilfe einheitlich gestalten. Das ist längst überfällig. Ich freue mich zudem, dass wir die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) langfristig und flächendeckend sichern konnten. Und mit dem neuen Budget für Ausbildung können ferner Menschen mit Behinderungen, die eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt machen, besser gefördert werden.“
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen: „Im zehnten Jahr der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland ist das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ ein wichtiges und gutes Signal für Menschen mit Behinderungen. Insbesondere die vorgesehene unbefristete Finanzierung der ergänzenden und unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) freut mich sehr. Sie trägt dazu bei, dass Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf eigenständige Lebensplanung und Teilhabe verwirklichen können. Auch das im Gesetzesentwurf enthaltene Budget für Ausbildung begrüße ich. Es bietet jungen Menschen mit Behinderungen eine weitere Alternative zum Berufsbildungsbereich einer Werkstatt. Sie erhalten nun mit entsprechender Förderung die Chance auf eine betriebliche Ausbildung, mit der ein anerkannter Berufsabschluss für den regulären Arbeitsmarkt erworben werden kann. Neben der Entlastung der Angehörigen hätte ich mir auch die Entlastung der Betroffenen - beispielsweise durch Abschaffung der Einkommens- und Vermögensgrenze - gewünscht. Das muss dann der nächste Schritt sein.“
Quelle: BMAS, Bundestag