Bundestag stimmt Cannabis-Legalisierung zu
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Der Bundestag hat am Freitag, dem 23. Februar 2024, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis zugestimmt. In einer namentlichen Abstimmung stimmten von insgesamt 637 Abgeordneten 407 mit Ja, 226 mit Nein und 4 Enthaltungen.
Der Gesetzentwurf mit der Drucksache (20/8704) sieht vor, dass unter bestimmten Bedingungen der private Konsum von Cannabis für Erwachsene legalisiert wird. Ziel ist es, einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu fördern und verschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um den Gesundheitsschutz zu verbessern, Aufklärung und Prävention zu stärken, den illegalen Markt einzudämmen und den Kinder- und Jugendschutz zu erhöhen.
In einer wegweisenden Rede betonte der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels in der Cannabispolitik. "Wir beschließen heute ein sehr wichtiges Gesetz, mit dem wir unsere Cannabis-Kontrollpolitik grundsätzlich verändern. Wir verfolgen zwei Ziele: das erste Ziel ist es, den Schwarzmarkt zu bekämpfen, das zweite Ziel ist ein besserer Kinder- und Jugendschutz", erklärte Lauterbach vor dem Plenum und erhielt Applaus für seine klaren Worte.
Lauterbach unterstrich die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation und betonte, dass der Status quo inakzeptabel sei. "Die Lage, in der wir jetzt sind, ist in keiner Weise akzeptabel, es ist nicht befriedigend", so der Bundesgesundheitsminister. Er wies auf die alarmierenden Statistiken hin: "Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in den letzten zehn Jahren besonders gefährdet sind, ist um 50 Prozent gestiegen. In der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen ist die Zahl in zehn Jahren um 100 Prozent gestiegen."
Lauterbach machte deutlich, dass die steigenden Zahlen von Beimengungen in Cannabis-Produkten, unreinen Substanzen und extrem hohen THC-Werten bis zu 30-40 Prozent zu einer akuten Gefahr für die psychische Gesundheit der Konsumenten führen. Er verwies auch auf die zunehmenden Drogendelikte als Indikator für die drängende Handlungsnotwendigkeit. "Was auch immer wir tun, wir können so nicht weitermachen", betonte Lauterbach und erhielt erneut Applaus aus dem Plenum.
Der Bundesgesundheitsminister skizzierte die vier Ziele des Gesetzes: "Wir legalisieren den Eigenkonsum, schaffen ein Angebot und eine Alternative zum bedenklichen kriminellen Schwarzmarkt, klären über die Gefahren von Cannabis auf, insbesondere für das wachsende Gehirn von Kindern und Jugendlichen unter 25 Jahren, und erhöhen das Strafmaß für diejenigen, die bandenmäßig an Kinder und Jugendliche verkaufen, auf mindestens zwei Jahre."
Lauterbach räumte ein, dass er selbst über viele Jahre hinweg gegen die Legalisierung war, aber die Wissenschaft habe gezeigt, dass es nun an der Zeit sei, diesen Weg zu gehen. "Die Suchtforscher geben uns mit, dass der Weg funktioniert, weg von der Bestrafung, weg von der Tabuisierung. Wir müssen uns den Problemen stellen und hier durch Aufklärung arbeiten", schloss Lauterbach seine wegweisende Rede.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat den Beschluss des Bundestags zur Legalisierung von Cannabis scharf kritisiert. Gerlach betonte am Freitag: „Die Abgeordneten der Ampel-Koalition haben heute die Chance vertan, das gefährliche Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zu stoppen. Das ist ein schwerer Fehler. Damit waren alle Warnungen von Ärzten und anderen Experten vor den Risiken der Cannabis-Legalisierung insbesondere für junge Menschen vergeblich.“
Gerlach fügte hinzu: „Die Ampel-Koalition macht mit diesem Gesetz ideologisch motivierte Experimente mit der Gesundheit der Menschen. Sie allein trägt dafür die Verantwortung, wenn der Cannabis-Konsum künftig steigt, sich mehr Menschen Suchtrisiken aussetzen und ihre psychische Gesundheit gefährden, der Verkehr unsicherer wird und Polizei und Justiz zusätzlich belastet werden.“
Gerlach kündigte an: „Bayern wird das Cannabis-Gesetz so streng wie möglich vollziehen. Hierzu werden wir eine zentrale Kontrolleinheit einrichten, die für die Erteilung von Erlaubnissen und die engmaschige Überwachung der Anbauvereinigungen zuständig sein wird. Denn unser Ziel ist es, den Konsum möglichst einzudämmen - also gerade keine Konsumanreize zu setzen.“
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Laut dem Gesetzentwurf dürfen Erwachsene künftig bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum besitzen. Zusätzlich soll der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum erlaubt sein. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass privat angebautes Cannabis vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt werden muss. Nichtgewerbliche Anbauvereinigungen erhalten die Möglichkeit, Cannabis kontrolliert anzubauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weiterzugeben.
Regulierung durch Anbauvereinigungen
Nichtgewerbliche Anbauvereinigungen erhalten die Möglichkeit, Cannabis kontrolliert anzubauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weiterzugeben. Diese Anbauvereinigungen unterliegen strengen Vorschriften, darunter eine maximale Mitgliederzahl von 500 Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland.
Privater Cannabis-Anbau
Es soll ermöglicht werden, dass Bürger privat bis zu drei Cannabispflanzen für den Eigenkonsum anbauen dürfen. Dabei ist es jedoch erforderlich, das privat angebaute Cannabis vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche zu schützen. Des Weiteren ist es nun erlaubt, dass nichtgewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis züchten und es ihren Mitgliedern für den Eigenkonsum zur Verfügung stellen können.
25 Gramm für den Eigenkonsum erlaubt
Die Weitergabe von Cannabis an Mitglieder ist auf 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat begrenzt Heranwachsenden im Alter von 18 bis 21 Jahren dürfen maximal 30 Gramm pro Monat mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent ausgehändigt werden. Der Konsum von Cannabis ist innerhalb einer Schutzzone von 100 Metern um Anbauvereinigungen, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze und öffentlich zugängliche Sportstätten untersagt.
Maßnahmen für Gesundheits- und Jugendschutz
Um Kinder und Jugendliche zu schützen, wird ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Konsumcannabis und Anbauvereinigungen eingeführt. Eine Aufklärungskampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über die Wirkung und Risiken von Cannabis ist ebenfalls geplant. Die Gesetzesnovelle soll nach vier Jahren auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen hin evaluiert werden. Es bleibt bei der Verschreibungspflicht für Medizinalcannabis.
Es ist geplant, die Reform gestaffelt in Kraft treten zu lassen. Das Gesetz soll insgesamt am 1. April 2024 in Kraft treten. Die Bestimmungen für den gemeinschaftlichen Eigenanbau in den sogenannten Anbauvereinigungen sollen jedoch erst am 1. Juli 2024 wirksam werden.
Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung
Der Bundesrat äußerte Bedenken hinsichtlich möglicher finanzieller Belastungen der Länder und zweifelte an der effektiven Kontrolle des THC-Gehalts. Die Bundesregierung widersprach diesen Bedenken und betonte, dass die Entkriminalisierung zu Einsparungen führen und in die Überwachung der Anbauvereinigungen sowie Suchtprävention investiert werden könne. Eine interdisziplinäre Expertengruppe des Bundesverkehrsministeriums soll Grenzwerte für den THC-Gehalt im Straßenverkehr festlegen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.
Gegenäußerung der Bundesregierung
Die Bundesregierung widerspricht den Bedenken des Bundesrates hinsichtlich des Vollzugsaufwands, wie in der entsprechenden Unterrichtung (20/8763) dargelegt wird. Es wird argumentiert, dass die geschätzte Gesamtzahl von 3.000 Anbauvereinigungen voraussichtlich erst nach fünf Jahren erreicht werde. Die Bundesländer könnten ihre Personal- und Sachmittelkapazitäten schrittweise anpassen. Zudem erwartet die Bundesregierung durch die Entkriminalisierung erhebliche Einsparungen der Länder, bedingt durch weniger Strafanzeigen und Strafverfahren. Die freigesetzten Mittel könnten in die Überwachung der Anbauvereinigungen sowie in die Suchtprävention investiert werden.
Die Bundesregierung betont in der Unterrichtung, dass Aufklärung, Prävention und gesetzliche Vorgaben für die Anbauvereinigungen einen umfassenden Beitrag zum Gesundheits- und Jugendschutz leisten. Hinsichtlich des zulässigen THC-Werts im Straßenverkehr wird darauf hingewiesen, dass eine interdisziplinäre Expertengruppe des Bundesverkehrsministeriums Grenzwerte ermittelt. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass der THC-Grenzwert so festgelegt werden sollte, dass die Verkehrssicherheit ausreichend gewährleistet bleibt.