"Armageddon der häuslichen Pflege" - Aufforderung an den Bundesrat, die Pflegereform zu stoppen
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Eigentlich ist es ein bahnbrechendes Urteil, was das Bundesarbeitsgericht gestern gefällt hat, denn endlich haben Pflegekräfte aus dem Ausland, die über ausländische Agenturen hier in Deutschland als Pflegekräfte arbeiten, einen Anspruch auf Mindestlohn. Allerdings mit Konsequenzen, denn viele Menschen die durch diese Pflegekräfte gepflegt werden, haben dadurch mehr Kosten, die nicht mehr jeder pflegebedürftige tragen kann.
Der VdK Deutschland sieht hier besondere Gefahren für die Häusliche Pflege und schreibt: Der VdK Deutschland fürchtet, dass nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte die häusliche Pflege nun gänzlich kippt: „Es droht das Armageddon der häuslichen Pflege“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der „Funke-Mediengruppe“. #ZITAT{„Durch die Pflegereform, die morgen vom Bundesrat verabschiedet werden soll, bekommen zuhause Gepflegte unterm Strich weniger Pflegegeld. Die Entlastungspflege wird teurer und nun schafft das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil zur 24 Stunden Pflege Fakten für die häusliche Pflege. Rund-um-die-Uhr Pflege ist nur noch mit Mindestlohn legal. Für die allermeisten wird sie damit unbezahlbar. Das kommt davon, wenn Politik ein drängendes Problem jahrelang ausblendet. Das ist eine Bankrotterklärung für das ambulante Pflegesystem“, so Bentele weiter.
Das Bundesarbeitsgericht hatte am Donnerstag in einem Grundsatzurteil bestimmt, dass nach Deutschland vermittelte ausländische Pflege- und Haushaltshilfen, die Senioren in ihren Wohnungen betreuen, Anspruch auf Mindestlohn haben. Der Mindestlohn gelte auch für Bereitschaftszeiten, in denen die zumeist aus Osteuropa stammenden Frauen Betreuung auf Abruf leisteten, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter (5 AZR 505/20). Pflegefachleute und Gewerkschaften gehen von einigen Hunderttausend ausländischen Betreuungskräften für pflegebedürftige Menschen in deutschen Haushalten aus.
Bentele appellierte an die Mitglieder des Bundesrats nun wenigstens die Pflegereform am Freitag zu stoppen: „Der Bundesrat muss die Pflegebedürftigen und deren Angehörige vor dieser Reform schützen und sie an den Vermittlungsausschuss verweisen.“
Stimmt der Bundesrat der Pflegereform zu, hätten die Menschen, die ambulant versorgt werden, viel zu verlieren: „Durch den Preisverfall und die allgemeine Inflation bekommen sie immer weniger Pflege für ihr Geld. An der Höhe des Pflegegeldes hat sich seit 2017 nichts geändert. Die Pflegeleistungen sollen bis 2025 nicht angehoben werden, weil das Gesundheitsministerium das Geld dafür schon anderweitig ausgegeben hat. Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 3 hat von 2017 an bis zum Jahr 2025 insgesamt 86 Euro im Monat weniger im Portemonnaie. Jeder Cent fehlt ihm bei der Versorgung.“
Ganz unbegründet sind die Befürchtungen des VdK sicherlich nicht, denn wer sich jetzt so die 24 Stunden-Pflege nicht mehr leisten kann, wird am Ende auf staatliche Hilfe angewiesen sein oder sogar vom häuslichen Umfeld in eine Pflegeeinrichtung wechseln müssen.
So wird sich sowohl das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, als auch das Bundesgesundheitsministerium mit der Frage befassen müssen, warum sowohl die eine als auch andere Situation überhaupt zugelassen und entstehen konnte, denn schon mit der Einführung des Mindestlohns wäre in Kombination einer Pflegereform, die jetzige Situation sicherlich nie entstanden.
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung