Linke fordert Mindestlohn von 12 Euro
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Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag, den gesetzlichen Mindestlohn in einem einmaligen Schritt auf 12 Euro je Stunde zu erhöhen. Drucksache: 19/20030 Dies sei nötig, um einen angemessenen Mindestschutz der Beschäftigten zu erreichen und faire Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen. Die 12-Euro-Forderung orientiere sich an der sogenannten Armutsgefährdungsgrenze (60 Prozent des Medianlohns).
In der Drucksache 19/20030 heißt es:
Damit der gesetzliche Mindestlohn tatsächlich zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beiträgt sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen ermöglicht, muss dieser in einem einmaligen Schritt auf mindestens 12 Euro erhöht werden. Die Forderung orientiert sich an der sogenannten Armutsgefährdungsgrenze, also 60 Prozent des Medianlohns (würde sich der Mindestlohn an der Niedriglohnschwelle, also bei zwei Dritteln des Medianlohns orientieren, läge er sogar bereits bei 13 Euro).
Die einmalige Erhöhung auf 12 Euro hilft nicht nur, den Mindestlohn in Deutschland armutsfest und existenzsichernd zu machen. Ein Mindestlohn von 12 Euro stärkt auch eine angemessene Tarifentwicklung, insbesondere in den unteren Tarifgruppen. Studien verweisen mehrheitlich darauf, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Lohnentwicklung insgesamt verbessert, die Ungleichheit in der Lohnentwicklung verringert und keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung hat. Während aber die positive Wirkung des gesetzlichen Mindestlohns auf Lohnentwicklung und Lohngleichheit weitestgehend unumstritten ist, fällt die Antwort auf die Frage nach der angemessenen Höhe des Mindestlohns für Deutschland negativ aus. So hält die EU-Kommission in einem aktuellen Konsultationspapier zu gerechten Mindestlöhnen fest, dass der gesetzliche Mindestlohn zwar in den meisten Mitgliedsländern ausreicht, um alleinstehende Beschäftigte dem Armutsrisiko zu entziehen, dies in Deutschland aber nicht der Fall ist.
Mit der Corona-Pandemie käme ein positiver Effekt einer deutlichen Anhebung des Mindestlohns besonders zum Tragen: Er würde in erheblichen Ausmaß zur schnellen und nachhaltigen Erholung von Wachstum und Beschäftigung beitragen, weil aus den unteren Einkommen, die die Anhebung des Mindestlohns betrifft, bezogen auf ihr Einkommen besonders stark konsumiert wird. Forderungen nach einer Nullrunde beim Mindestlohn oder gar nach einer Absenkung sind vor diesem Hintergrund nicht nur nicht sozial, sondern auch ökonomisch kontraproduktiv. Bei arbeitsintensiven Unternehmen, die bedingt durch die Corona-Pandemie schwere Umsatzeinbußen verzeichnen, muss der Staat direkte Hilfe leisten.
Die einmalige Erhöhung würde den Mindestlohn nicht nur armutsfest und existenzsichernd machen, sie würde gleichzeitig auch die Tarifbindung stärken, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag. Neben der Forderung, den Mindestlohn zum 1. Januar 2012 auf 12 Euro anzuheben, verlangt Die Linke außerdem, den Anpassungsmechanismus im Mindestlohngesetz so zu ändern, dass der gesetzliche Mindestlohn künftig einmal jährlich angepasst wird.
Der IWKOELN hat eine Studie zum Mindestlohn und Einkommensarmut veröffentlicht und teilt dazu mit:
In der öffentlichen Diskussion wird von vielen Seiten eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro gefordert, um ihn existenzsichernd zu machen. Allerdings erreicht schon heute ein Alleinstehender, der vollzeitbeschäftigt zum Mindestlohn arbeitet, mit seinem Nettoverdienst in etwa die Armutsgefährdungsschwelle.
In den meisten europäischen Ländern wird der nationale Schwellenwert sogar übertroffen. Die Armutsgefährdung über eine Erhöhung des Mindestlohns zu senken, erscheint als wenig zielgenaue Maßnahme: Vollzeitbeschäftigte, die im Jahr 2018 einen Stundenlohn zwischen dem damaligen Mindestlohn und 10 Euro erhielten, waren nur zu 13 Prozent einkommensarm. Damit lag der Anteil 4 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der Bevölkerung. Einen wichtigen Einfluss auf die Armutsgefährdung hat die geleistete Arbeitszeit. Unter Teilzeitbeschäftigten mit einem Stundenlohn zwischen 8,84 Euro und 10 Euro lag der Anteil der Einkommensarmut mit 26 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den Vollzeitbeschäftigten. Eine Simulationsrechnung zeigt, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro einen Rückgang der Einkommensarmutsquote um allenfalls gut 1 Prozentpunkt bewirken würde, selbst wenn es dann keine Unterschreitungen mehr gäbe. Bei einer starken Erhöhung des Mindestlohns droht indes – insbesondere angesichts der sich abzeichnenden starken Rezession – ein negativer Einfluss auf Arbeitszeiten und Beschäftigung. Eine erneute Stauchung der Lohnstruktur würde zudem Qualifizierungsanreize der niedrigqualifizierten Arbeitnehmer reduzieren.
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung