Bundesgerichtshof zur Barrierefreiheit bei Wohnungseigentum
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Viele Menschen und Familien haben sich in jungen Jahren dazu entschieden, statt zur Miete zu wohnen, lieber eine Eigentumswohnung zu erwerben. Das die somit erworbene Eigentumswohnung schnell zum Albtraum werden kann, wenn man plötzlich, sei es im Alter oder durch andere Lebensereignisse, auf eine Mobilitätshilfe angewiesen ist, zeigt sich immer dann, wenn die Immobilie keinen Fahrstuhl hat, oder eine Rampe zur barrierefreien Nutzung fehlt.
Eigentlich sieht das Wohnungseigentümergesetz (WEG) hier bereits vor, dass "Maßnahmen der Barrierefreiheit" (§20 WEG) als privilegierte Maßnahme gelten, also auch eigentlich auch ohne Zustimmung der anderen Eigentümerinnen und Eigentümer, auf eigene Kosten durchgeführt werden können. Jedoch mit Grenzen, denn das "Wie" ist durchaus ein Thema, das ein Mitspracherecht den Anderer Eigentümerinnen und Eigentümern einräumt.
Immer wieder kommt es vor, dass trotz aller rechtlichen Regelungen, auch privilegierte Maßnahmen erst vor Gericht erstritten werden müssen. Für betroffenen, gerade wenn es um Barrierefreiheit geht, eine durchaus belastende Situation.
In einer Wohneigentümergemeinschaft in einem denkmalgeschützten Gebäude, wollte die Wohnungseigentümergemeinschaft zwei Eigentümern in der dritten und vierten Etage, einen Aufzug im Hinterhaus verwehren. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute geurteilt, dass dieses zu Unrecht geschah. (Az.: V ZR 244/22)
Der zweite Fall (Az.: V ZR 33/23), der heute zur Entscheidung gekommen ist, befasst sich ebenfalls mit dem Bau einer Rampe. Zum Sachverhalt: Die Anlage besteht aus drei miteinander verbundenen Häusern mit jeweils zwei Wohnungen im Erdgeschoss und zwei weiteren Wohnungen im ersten Obergeschoss. Im rückwärtigen Teil des Anwesens befindet sich eine Gartenfläche, an der den Erdgeschosswohnungen zugewiesene Sondernutzungsrechte gebildet wurden. Nach der Teilungserklärung dürfen auf den Gartenflächen Terrassen in der Größe von maximal einem Drittel der Fläche des jeweiligen Sondernutzungsrechts errichtet werden.
Mit Ausnahme der den beiden Eckwohnungen zugewiesenen Gartenflächen wurden, jeweils gepflasterte Terrassen errichtet. Auf Antrag der Streithelferin, die Sondereigentümerin einer der Eckwohnungen ist, beschlossen die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 14. Oktober 2021, der Streithelferin als privilegierte Maßnahme gemäß § 20 Abs. 2 WEG zu gestatten, auf der Rückseite des Gebäudes eine Rampe als barrierefreien Zugang sowie eine etwa 65 Zentimeter aufzuschüttende Terrasse zu errichten und das Doppelfenster im Wohnzimmer durch eine verschließbare Tür zu ersetzen; ggf. soll ein aus Bodenplatten bestehender Zugang vom Hauseingang bis zur Terrasse errichtet werden. Hiergegen richtet sich die von den Klägern erhobene Anfechtungsklage.
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Anfechtungsklage zurückgewiesen. "Da das Berufungsgericht zu Unrecht auf die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 WEG abgestellt hatte und es keiner weiteren Feststellungen bedurfte, konnte nunmehr der Bundesgerichtshof abschließend darüber entscheiden, ob mit der gestatteten baulichen Veränderung eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage im Sinne von § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG verbunden ist. Diese Frage hat er verneint. Nach nunmehr geltendem Recht ist bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zweckes i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage zumindest typischerweise nicht anzunehmen."
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung
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