Bundestag stimmt Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende zu
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Der Bundestag hat am Freitag, dem 12. April 2024, einen Beschluss gefasst, der eine bundesrechtliche Absicherung für die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende vorsieht. Drucksachen: (DÜV-AnpassG,20/9470, 20/10016, 20/10131 Nr. 1.22, 20/11019).
Die Bezahlkarte soll es Asylsuchenden ermöglichen, ihren monatlichen persönlichen Bedarf zu decken. Die Koalitionsfraktionen planen damit, die Kommunen von Bürokratie zu entlasten. Zuvor hatte der Ausschuss für Inneres und Heimat im Rahmen eines sogenannten Omnibusverfahrens entsprechende Änderungen am Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beschlossen (20/11006). Für den geänderten Gesetzentwurf stimmten die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD sowie die Gruppe BSW. Die CDU/CSU und die Gruppe Die Linke sprachen sich gegen das Gesetz aus.
Das Parlament lehnte jedoch mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen zwei Vorlagen der Union zur Einführung einer Bezahlkarte bei Asylleistungen ab (20/10722, 20/8729). Die AfD unterstützte die Initiativen der CDU/CSU. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte Beschlussempfehlungen (20/11005) zur Abstimmung vorgelegt.
Die Regelungen zur Bezahlkarte sehen vor, dass die Option einer guthabenbasierten Karte explizit ins AsylbLG aufgenommen wird, neben den bereits bestehenden Regelungen zu Geld- oder Sachleistungen. Obwohl die Bundesländer auch in eigener Verantwortung eine solche Bezahlkarte einführen können und dies teilweise bereits tun, hatten sie auf eine bundesweit einheitliche Regelung gedrängt, um die Bezahlkarte rechtlich besser abzusichern. Die konkrete Ausgestaltung und Einführung der Karte liegt jedoch weiterhin in der Verantwortung der Bundesländer, um den "individuellen Bedürfnissen und Umständen vor Ort" gerecht zu werden. Es bleibt den Leistungsbehörden auch möglich, sich im Einzelfall gegen den Einsatz der Karte zu entscheiden.
Die Koalitionsfraktionen erklären, dass dies beispielsweise der Fall sein könnte, wenn Leistungsberechtigte Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Ausbildungsvergütung oder BAföG auf ein eigenes Girokonto erhalten, wodurch eine Überweisung von aufstockenden AsylbLG-Leistungen auf dieses Konto zweckmäßiger wäre. Neu ist auch, dass, falls einzelne Bedarfe des monatlichen Regelbedarfs nach dem SGB XII nicht über eine Bezahlkarte gedeckt werden können, diese als Geldleistung erbracht werden sollen.
Die Höhe des auf der Karte verfügbaren Betrags liegt im Ermessen der Behörden in den Kommunen. Diskussionen gab es zuletzt insbesondere über den Betrag von 50 Euro, der in einigen Modellprojekten der Länder als Guthaben auf der Karte festgelegt wurde.
Der Paritätische Gesamtverband kritisiert das heute verabschiedete Gesetz zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete als ein Instrument zur Gängelung, Kontrolle und Diskriminierung Geflüchteter im Asylbewerberleistungsbezug. Zwar enthält das Gesetz nun einige Verbesserungen gegenüber dem Gesetzesentwurf, die auf Drängen von Bündnis 90/Die Grünen aufgenommen wurden, dennoch bleibt die grundsätzliche Kritik des Verbandes an der Einführung von Bezahlkarten bestehen. Mit der heute beschlossenen Regelung steht es Ländern und Kommunen frei, darüber zu entscheiden, ob und wie sie Bezahlkarten einführen. Der Paritätische appelliert an Vernunft und Pragmatismus vor Ort und fordert zum Verzicht auf die Einführung auf.
“Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es handelt sich hier schlicht um schikanöse Symbolpolitik. Die Bezahlkarten lösen kein reales Problem, sondern sie sind ein Abschreckungsinstrument, das im Übrigen wirkungslos bleiben wird. Tatsächlich wird die Einführung von Bezahlkarten die Ausgrenzung Geflüchteter vorantreiben und ihre Armut verstärken”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.
"Der Ball liegt nun bei Ländern und Kommunen. Diesen steht es frei, Bezahlkarten einzuführen, die bundesgesetzliche Regelung verpflichtet sie dazu nicht. In den meisten Fällen gibt es eine wenig aufwändige und inklusive Alternative: Die Überweisung auf das Konto der Leistungsbezieher*innen”, so Schneider. Der Paritätische warnt insbesondere vor dem enormen Verwaltungsaufwand und den drohenden Widersprüchen und Klagen der Betroffenen dort, wo Bezahlkarten mit Einschränkungen bei Bargeldabhebungen und Überweisungen eingeführt werden. Schneider: “Es ist schon erstaunlich, dass manche sich bei der Bekämpfung von Kinderarmut über 5000 zusätzliche Stellen in der Verwaltung erregen, aber wenn es um die Drangsalierung von Flüchtlingen geht, keine Kosten und Mühen gescheut werden sollen.”
Zur Verabschiedung des Gesetzes zur rechtssicheren Einführung einer Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz im Deutschen Bundestag erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Lukas Köhler: „Mit der Möglichkeit zur flächendeckenden Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber beseitigen wir einen wesentlichen Pull-Faktor für irreguläre Einwanderung. Dadurch haben die Länder und Kommunen nun die notwendige Rechtssicherheit, um aktiv an einer neuen Realpolitik in der Migration mitzuwirken. Durch die Bezahlkarte erschweren wir die Finanzierung illegaler Schleuserbanden und reduzieren Geldströme ins Ausland. Uns gelingt damit der Einstieg in eine moderne und effiziente Asylpolitik, die humanitäre Verantwortung und migrationspolitische Vernunft in Einklang bringt.“
Dazu erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle: „Nach dem Gesetz zur Verbesserung der Rückführung setzt die Koalition heute mit dem Gesetz zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht sowie mit dem Bezahlkartengesetz weitere Punkte der Ministerpräsidentenkonferenz für mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik um. Zusammen mit dem neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, das in dieser Woche im Europäischen Parlament beschlossen wurde, leiten wir einen echten Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik ein. Der deutsche Gesetzgeber muss die neuen europäischen Regeln nun schnell in nationales Recht umsetzen.“