EU-Parlament stimmt EU-Behindertenausweis zu
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Heute am 24. April 2024, hat das EU-Parlament den neuen EU-Behindertenausweis und Parkausweis zugestimmt über den gestern beraten wurde. Der EU-Behindertenausweis hat das Ziel, eine einheitliche Regelung für alle EU-Länder einzuführen, da bisher die Anerkennung des Schwerbehindertenausweises uneinheitlich geregelt war, was Reisen für Menschen mit Behinderungen zu einer Herausforderung machte.
Soeben stimmte das Europäische Parlament mit einer großen Mehrheit (613 Stimmen von 631) für die Einführung eines EU-Behindertenausweises. Rat, Kommission und Parlament waren bereits im Februar zu einer Einigung gekommen. Die finale Verabschiedung hat der Rat nun auf die nächste Legislatur geschoben. Damit verlängert sich die Umsetzung.
Die Grüne Schattenberichterstatterin Katrin Langensiepen ist selbst eine der wenigen Abgeordneten mit sichtbarer Behinderung und interparlamentarische Koordinatorin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie kommentiert:
“ Der neue EU-Behindertenausweis ist ein Meilenstein für die Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen in der EU. Gerade im Punkto Reisen wird der neue EU-Behindertenausweis das Leben von 80 Millionen Menschen in der EU sichtbar erleichtern.
Leider werden Menschen mit Behinderung noch über drei Jahre warten müssen, bis sie die Vorteile des EU-Behindertenausweises nutzen können. Die Mitgliedstaaten versuchen, die Umsetzung aufs Äußerste in die Länge zu ziehen.
Mit der Entscheidungen des Rates, die finale Verabschiedung der Verordnung auf die nächste Legislatur zu schieben, fällt dieses dringende Thema mal wieder hinten runter. Die Priorität des EU-Parlamentes war es, den Ausweis noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen. Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie auf 30 Monate verhandelt, mit weiteren zwölf Monaten bis zur ersten Ausstellung eines Ausweises.
Reisen, Arbeiten, Studieren in einem anderen EU-Land ist für Menschen mit Behinderungen immer noch keine Selbstverständlichkeit.
Der neue EU-Behindertenausweis soll Menschen mit Behinderungen endlich die Sicherheit geben, dass ihr nationaler Behindertenstatus von Behörden und Dienstleistern in einem anderen EU-Land anerkannt wird und ihnen somit Zugang zu jeweils national geltenden Vorteilen geben.
Nationale Vorteile im Transport- oder Kultursektor gelten dann beispielsweise in Frankreich nicht nur für den französischen Menschen mit Behinderung, sondern auch für den deutschen oder polnischen Besucher mit Behinderung. Zudem konnten wir die Mitgliedstaaten dazu bewegen, nationale Webseiten aufzusetzen. Diese sollen relevante Informationen für eine Reise bündeln. Diese nationalen Webseiten sollen von der Kommission auf einer Seite zusammengeführt werden, um den Dschungel an Informationen übersichtlich zu halten.
Auch wenn der Ausweis nur für kurze Aufhalte (max. 3 Monate am Stück) gedacht ist und keinen Anspruch auf Sozialleistungen beinhaltet, ist ein besonderer Gewinn für uns Grüne ist, dass der Ausweis auch für Menschen, die an einem EU-Mobilitätsprojekt wie Erasmus teilnehmen über den Zeitraum von drei Monaten anwendbar ist.
Wir Grüne sehen den EU-Behindertenausweis als einen wichtigen Start und unabdingbare Basis für echte EU-Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen.
Wichtig ist, dass wir weiter darauf aufbauen. Langfristig wollen wir, dass mit dem Ausweis auch Sozialhilfen zugänglich werden und wir die demütigende Praxis beenden, dass Menschen mit Behinderungen ihre Behinderungen immer wieder aufs Neue beweisen müssen. Außerdem müssen wir weiter auf europaweite Barrierefreiheit pochen. Denn was nützt mir die Ermäßigung, wenn ich nicht zum Zug komme?
Menschen mit Behinderungen haben wie andere das gleiche Recht darauf, im EU-Ausland zu leben, zu reisen oder zu arbeiten. Unsere Aufgabe ist es, zu garantieren, dass ihnen entsprechende Hilfen bereitstehen, um dies diskriminierungsfrei zu tun. Der EU-Behindertenausweis ist ein guter Anfang.”
Der EU-Behindertenausweis soll auch in Drittstaaten wie der Ukraine gültig sein, wenn sich Ukrainerinnen und Ukrainer in einem EU-Land aufhalten. Dies würde dazu führen, dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel zu den gleichen Bedingungen nutzen können wie die Einheimischen. Obwohl der Ausweis nur ein erster Schritt ist und nicht alle Probleme löst, soll er den Alltag für Menschen mit Behinderungen erleichtern.
Damit wird es Menschen mit Behinderungen leichter, in anderen EU-Ländern:
- Vergünstigungen im Kultur- und Tourismusbereich
- Vergünstigungen im (Nah-)verkehr für sich und ihre Assistenz
- Assistenzleistungen im Zug und öffentlichem Nahverkehr
wahrzunehmen.
Beispiel: Wenn in Frankreich für Menschen mit Behinderungen die Maut kostenfrei ist, gilt dies nun auch für alle anderen EU-Bürger*innen mit Behinderungen, wenn sie im Sommerurlaub die Autobahn in Frankreich nutzen.
Von der Karte ausgenommen ist jeglicher Anspruch auf Sozialleistungen.
Zusätzliche Forderungen des EU-Parlamentes:
- Zwischenlösungen für Menschen mit Behinderungen, die sich länger als drei Monate im EU-Ausland aufhalten.
In zwei Fällen sollen Ausnahmen gelten und es möglich sein, mit dem EU-Behindertenausweis auch Assistenzleistungen in Anspruch zu nehmen.
Für:
- Inhaber*innen eines europäischen Behindertenausweises, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort eine Arbeit aufzunehmen oder sich in eine Bildungseinrichtung einschreiben - bis zu dem Moment der Anerkennung des neuen nationalen Behindertenstatus.
- Inhaber*innen eines europäischen Behindertenausweises, die an einem EU-Mobilitätsprogramm teilnehmen, und zwar für die Dauer dieses Programms.
- Nach drei Jahren soll die EU-Kommission auch die Übertragbarkeit von Sozialleistung, Sozialschutz und Sozialhilfen prüfen.
- Der Ausweis soll kostenlos sein.
- Die Kommission soll in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten eine europäische Sensibilisierungskampagne durchführen.
- Jeder Mitgliedstaat soll eine barrierefreie Webseite betreiben, auf der transparent einsehbar ist, welche Vorteile national gelten.
Auf einer zentralen EU-Webseite, die barrierefrei und alle 24 EU-Sprachen bereitstellt, sollen die relevanten Informationen gesammelt und auf die nationalen Webseiten verlinkt werden.
Der Europäische Behindertenausweis wird kostenlos in physischer und, wenn verfügbar, digitaler Form ausgestellt und erneuert. Menschen mit Behinderungen, die zusätzliche Hilfe benötigen oder Anspruch auf Unterstützung durch einen persönlichen Assistenten haben, können ihren Ausweis mit dem Buchstaben "A" versehen. Der Europäische Parkausweis für Menschen mit Behinderungen wird in physischer Form ausgestellt. Die EU-Länder werden aufgefordert, die Karte auch in digitaler Form auszustellen, und können sich dafür entscheiden, eine Gebühr für die Verwaltungskosten zu erheben. Beide Karten müssen innerhalb von neunzig Tagen ausgestellt werden, es sei denn, längere medizinische Untersuchungen sind erforderlich.
Hintergrund und nächste Schritte:
Der Kommissionsvorschlag wurde im September 2023 angenommen, und der Rat hat seine Verhandlungsposition im November 2023 festgelegt. Am 17. Januar 2024 begannen intensive Verhandlungen über die endgültige Fassung der Richtlinie, die mit der heutigen Einigung – innerhalb weniger als eines Monats – erfolgreich abgeschlossen wurden. Die Arbeiten auf fachlicher Ebene werden fortgesetzt, um den Text zu finalisieren.
Die vorläufige Einigung muss dann vom Rat und vom Parlament bestätigt werden, bevor die Richtlinie von den Rechts- und Sprachsachverständigen überprüft und von beiden Organen förmlich angenommen werden kann. Die beiden gesetzgebenden Organe haben vereinbart, dass den Mitgliedstaaten 2,5 Jahre für die Anpassung ihrer nationalen Rechtsvorschriften und 3,5 Jahre für die Anwendung der Richtlinie eingeräumt werden. Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, werden in die Umsetzung und Bewertung des Europäischen Behindertenausweises und des Europäischen Parkausweises für Menschen mit Behinderungen einbezogen.