Scholz zur Haushaltslage: Klare Ansagen in der Regierungserklärung
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich heute, am Dienstag, den 28. November 2023, in einer Regierungserklärung zur aktuellen Haushaltslage. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass das Nachtragshaushaltsgesetz 2021 verfassungswidrig ist, was zu intensiven Diskussionen führte (wir berichteten). Die Bundesregierung steht vor der Aufgabe, einen überarbeiteten Haushaltsplan von etwa 60 Milliarden Euro zu erstellen, wobei darauf geachtet werden muss, dass sozialpolitische Projekte von Kürzungen verschont bleiben. Die Entscheidung des Gerichts wirft Zweifel an der Wirksamkeit der Schuldenbremse auf und setzt die Regierung unter Druck. Sie wirft auch Rückfragen zur vorherigen Entscheidung auf, überschüssige Corona-Hilfen in den Klimafonds zu verlagern.
Scholz ging zu Beginn seiner Rede auf die terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel ein und betonte, dass die Geiseln freigelassen wurden, was ihm Erleichterung bereitet. Der Kanzler freute sich besonders darüber, dass mehrere Deutsche nun in Freiheit sind. Er dankte allen, die sich in den letzten Tagen für die Freilassung eingesetzt haben. Dennoch mahnte er, dass dies nur ein erster Schritt sei und erinnerte an die noch gefangenen Geiseln.
Nun zum eigentlichen Thema: Scholz zitierte aus dem Urteil zum Zusammenhang mit der Schuldenbremse und zog den Schluss, dass bisher vieles unklar war. Dies führte zu Gelächter im Bundestag. Er betonte, dass mit dem Wissen des Urteils im Jahr 2021 andere Entscheidungen getroffen worden wären, was erneut Gelächter auslöste. Das Bundesverfassungsgericht habe Klarheit geschaffen, und das Gericht habe das letzte Wort, was eine gute demokratische Tradition sei.
Der Kanzler sprach auch über die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine. Er betonte, dass die Unterstützung für die Ukraine nicht eingeplant war, aber die Hilfe ein Gebot der Menschlichkeit sei. Der Eroberungskrieg in Europa schaffe eine veränderte sicherheitspolitische Lage, was Applaus aus dem Plenum erntete.
Scholz erwähnte, dass Deutschland unzureichend auf den Krieg vorbereitet war, aber Konsequenzen gezogen wurden. Deutschland sei nun der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den Vereinigten Staaten. Die Unterstützung umfasse Waffenlieferungen und zivile Hilfe über den Bundeshaushalt und die Europäische Union.
Der Kanzler kündigte an, die Energiepreisbremsen weiter zu verankern und verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Er betonte, dass der Staat seinen Aufgaben weiterhin gerecht werde. Durch einen Nachtragshaushalt werde die Energiepreisbremse für 2023 und die Hilfe für die Ahr-Opfer gesichert.
Die Preisbremsen könnten beendet werden, da die Preise derzeit unter den Grenzen lägen. Scholz betonte jedoch, dass bei Bedarf jederzeit reagiert werden könne, um möglichen Preissteigerungen bei Gas und Strom entgegenzuwirken.
"Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, dass wir niemanden allein lassen - 'You'll never walk alone', das habe ich versprochen, und dabei bleibt es", verkündete Scholz. Ein großes Gelächter durchzog den Raum, woraufhin Scholz erwiderte: "Ich weiß nicht, was sie da lachen, aber sie meinen wohl 'You'll never walk with the Christian Democratic Union'", stichelte der Kanzler.
"Seit Tag 1 stehe ich zu diesen Zielen, und die ambitionierten Modernisierungsvorhaben sind keineswegs zurückgegangen“, betonte Scholz. „Unter Berücksichtigung all dieser Prämissen führen wir nun sorgfältige Beratungen durch. Die Bürger können sich darauf verlassen – dafür stehe ich als Bundeskanzler“, schloss er seine Regierungserklärung.
Friedrich Merz von der Union unterstrich in seiner Ansprache, dass seine Fraktion über das Urteil in Karlsruhe „nicht triumphiert“ habe. Diese Bemerkung löste Gelächter in den Reihen der Regierungsfraktionen aus. Der CDU-Chef eröffnete seine Rede mit den Worten: „Ich dachte, wir sprechen über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November.“ Merz betonte, dass diese Entscheidung notwendig wurde, da die Regierung versucht habe, die Regelungen in einer beispiellosen und geradezu dreisten Weise zu umgehen.
„Dieses Kartenhaus ist am 15. November zusammengebrochen“, sagte der CDU-Chef. „Der Urheber dieser verfassungswidrigen Konstruktion waren Sie, Herr Scholz - und das schon in Ihrer Funktion als Finanzminister der alten Regierung.“
„Sie sind ein Handwerker der Macht und haben keine Ahnung, was in den nächsten Jahren auf Sie zukommt“, fuhr Merz fort. „Verglichen mit den Kanzlern, die Ihre einst so stolze Partei in Deutschland gestellt hat, muss man spätestens nach dieser Regierungserklärung zu dem Schluss kommen: Sie schaffen es nicht. Die Schuhe, in denen Sie als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland stehen, sind Ihnen mindestens zwei Nummern zu groß.“ „Wir werden an der Schuldenbremse festhalten. Wir werden nicht zulassen, dass Sie in die alten sozialdemokratischen Muster der Vergangenheit zurückfallen,“ so Merz.
VdK-Präsidentin Verena Bentele sagt zur heutigen Aussprache des Kanzlers zur Haushaltslage:
„Die Bundesregierung darf die Bürgerinnen und Bürger mit den Haushaltsdebatten nicht weiter verunsichern. Vor allem Menschen mit wenig Geld blicken mit Sorge auf das Hin und Her zwischen den Koalitionspartnern. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt, sollte zum Beispiel die Energie ab Januar noch einmal teurer werden. Die Regierung muss jetzt für Klarheit sorgen und darf dringend nötige Hilfen oder Investitionen im Sozialbereich nicht zur Debatte stellen. Das Rentenpaket II, die Kindergrundsicherung und auch die Bürgergelderhöhung müssen kommen. Alles andere wäre ein völlig falsches Zeichen an die Bürgerinnen und Bürger.
Daher ist es unumgänglich, den Nachtragshaushalt in dieser Woche zu beschließen. Zusätzlich muss geprüft werden, ob die Schuldenbremse als Instrument auch langfristig wirklich sinnvoll ist. Sie darf keinesfalls zu einer Sozialstaatsbremse werden und nötige Investitionen in die soziale Sicherung verzögern. Statt ständig zu sparen, könnte die Regierung die Einnahmen erhöhen: Vermögens- und eine höhere Erbschaftssteuer wären dafür ein gutes Mittel. Über diese Lösung sollte der Finanzminister nachdenken.“