Bundesrat stimmt dem Triage-Gesetz zu
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Der Bundesrat hat heute am Freitag, dem 25 November 2022 dem Gesetzentwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes“ zugestimmt. Bei der Abstimmung gab es Uneinigkeiten aus der Koalition. Drucksache: (20/3877)
Die Bundesregierung plant das Infektionsschutzgesetz zu ändern, um Menschen mit Behinderung im Falle knapper intensiv-medizinischer Kapazitäten vor Benachteiligung zu bewahren. Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende Dezember 2021 seinen Beschluss, behinderte Menschen in Triage-Situationen wirksam vor Diskriminierung zu schützen, zu einer Beschwerde, die neun Beschwerdeführer/innen mit Behinderung, im Sommer 2020 eingereicht haben, verkündet.
Im August hatte das Kabinett des Bundesgesundheitsministerium den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, mit dem die Triage in einer besonderen Ausnahmesituation geregelt werden soll. Das Gesetz soll Menschen wirksam vor einer Benachteiligung wegen ihrer Behinderung durch Dritte schützen.
Besteht das Risiko, dass Menschen bei der Zuteilung knapper, überlebenswichtiger intensivmedizinischer Ressourcen wegen einer Behinderung benachteiligt werden, verdichtet sich der Schutzauftrag zu einer konkreten Schutzpflicht, so das Bundesverfassungsgericht. So sei entscheidend, dass eine gesetzliche Regelung hinreichend wirksamen Schutz vor einer Benachteiligung wegen der Behinderung bewirkt.
Diskriminierungsfreie Zuteilungsentscheidung
Der Regierungsentwurf sieht vor, dass bei der ärztlichen Entscheidung nur die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patientinnen und Patienten relevant ist. Es dürfe niemand benachteiligt werden, insbesondere nicht wegen einer Behinderung, des Grades der Gebrechlichkeit, des Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung, heißt es im Gesetzentwurf.
Dabei heißt es im Entwurf, dass bereits zugeteilte überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten nicht mehr zur Disposition stehen, solange eine solche Behandlung noch indiziert ist und dem Patientenwillen entspricht.
Erfahrene Fachkräfte
Zudem sollen zwei Intensivmediziner, die „mehrjährig intensivmedizinisch erfahrene praktizierende Fachärztinnen oder Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin einvernehmlich“ mitbringen, sollen entsprechend entscheiden. Dabei sollen beide Ärzte den Patienten vorab „unabhängig voneinander“ begutachten, heißt es im Entwurf.
Darüber hinaus enthält der Entwurf Regelungen zum Verfahren, in dem die Zuteilungsentscheidung zu treffen ist. Zuständig hierfür sind zwei mehrjährig intensivmedizinisch erfahrene und praktizierenden Fachärztinnen und Fachärzten, die die Patientinnen oder Patienten unabhängig voneinander begutachtet haben.
In dem Falle, dass kein Einvernehmen besteht, soll eine „weitere, gleichwertig qualifizierte ärztliche Person“ dazu geholt werden. Es sollen dann die Ärzte „mehrheitlich“ entscheiden wie verfahren werden soll.
Zuteilungsentscheidung im Vorfeld vermeiden
Es soll bevor eine Zuteilungsentscheidung notwendig wird, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Engpass zu verhindern. Dabei sei die Neuregelung ausschließlich für den Fall gedacht, dass dies nicht gelingt. So solle sich ausscheiden, wenn betroffene Patientinnen oder Patienten regional oder überregional verlegt und intensivmedizinisch behandelt werden können. Durch organisatorische Maßnahmen kann das Risiko, Zuteilungsentscheidungen treffen zu müssen, reduziert werden - wie zum Beispiel durch Verschiebung planbarer, nicht zeitkritischer Operationen oder durch Verteilung betroffener Patientinnen oder Patienten in andere Krankenhäuser.