Kindergrundsicherung - Entlastung Eltern behinderter Kinder gefordert
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Die Kindergrundsicherung ist in der Ampel-Koalition eines der Projekte, die aus dem Koalitionsvertrag stammt und die einzelnen Leistungen für Eltern mit Kindern, bündeln soll. (wir berichteten ) Damit soll eines der Kernprobleme behoben werden, denn viele Eltern wissen gar nicht, welche Leistungen ihnen überhaupt zustehen. Das führt gegenwärtig dazu, dass viele Leistungen nicht abgerufen werden und Eltern teils finanziell schlechter unterstützt werden, als es eigentlich möglich wäre.
Das Gesetz zur Kindergrundsicherung ist noch nicht beschlossen und soll vorerst nicht auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts kommen (wir berichteten: Bundesfinanzministerium hält Gesetz zur Kindergrundsicherung auf ). Es existiert lediglich ein Referentenentwurf, der allerdings weder die regierungsinternen Abstimmungsprozesse durchlaufen hat noch die parlamentarischen Prozesse. Somit ist das über 120 Seiten umfassende Dokument, inhaltlich noch vielen Anpassungen ausgesetzt. Da es aber ein Entwurf ist, genug Grundlage für erste Debatten und Spekulationen. Weniger bekannt, ob die in der Öffentlichkeit kursierenden Dokumente überhaupt verwertbar sind, denn mittlerweile gibt es mehrere Versionen von gleichem Datum und gleicher Uhrzeit, jedoch in den Seitenzahlen unterschiedlich.
Mit der Kindergrundsicherung gibt es für Kinder ab 18 einen Anspruch, dass dieser an die Kinder ausgezahlt wird. Konkret heißt es im Referentenentwurf: "Um die Rechtsposition des Kindes zu stärken, erhalten alle volljährigen Kinder unabhängig von ihrer Wohnsituation einen vereinfachten, eigenen Anspruch auf Auszahlung des Kindergarantiebetrages in Weiterentwicklung des nach aktueller Rechtslage bereits im EStG bestehenden Anspruchs auf Abzweigung des Kindergeldes. Anspruchsberechtigte des Kindergarantiebetrages sind aber weiterhin die Eltern."
In seiner heute veröffentlichten Stellungnahme zur Kindergrundsicherung fordert der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm), dass es durch das neue Gesetz keine Verschlechterungen für Eltern behinderter Kinder geben darf.
„Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung müssen weiterhin finanziell entlastet werden“, stellt Beate Bettenhausen, Vorsitzende des bvkm, klar. „Wir sind empört über die Pläne der Bundesregierung, die dazu führen, dass die Eltern künftig 250 Euro monatlich weniger im Portemonnaie haben.“
Es sei auch künftig sicherzustellen, dass Eltern, die durch die Versorgung, Betreuung und Unterstützung ihrer erwachsenen Kinder finanziell belastet sind, entsprechende Entlastung erfahren.
Die Kindergrundsicherung, zu der das Bundesfamilienministerium am 30. August 2023 einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt hat, soll bisherige Unterstützungsleistungen für Familien, wie etwa das Kindergeld und den Kinderzuschlag zusammenführen. Das Kindergeld in Höhe von derzeit 250 Euro im Monat soll in diesem Zusammenhang umbenannt werden in „Kindergarantiebetrag“. Besonders kritisch für Eltern behinderter Kinder ist dabei, dass volljährige Kinder künftig die Auszahlung des Kindergarantiebetrages an sich selbst begehren können.
„Bei erwachsenen Kindern mit Behinderung führt die Auszahlung an das Kind dazu, dass es sich bei den 250 Euro um Einkommen handelt, das dem Kind zugerechnet wird. Deshalb darf es dann mit anderen Sozialleistungen, die dem Kind zustehen, verrechnet werden“, erläutert Beate Bettenhausen. „Bei den betroffenen Eltern selbst kommt das Geld dagegen nicht mehr an. Jährlich ist das für die Eltern ein finanzieller Verlust von 3.000 Euro.“
Auf diese massive Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Rechtslage macht der bvkm in seiner heutigen Stellungnahme zur Kindergrundsicherung aufmerksam und fordert, beim geplanten neuen Auszahlungsanspruch eine Ausnahmeregelung für erwachsene Kinder mit Behinderung zu schaffen, damit die bisherige Leistung den Eltern weiterhin zugutekommt. Dem Kindergeld – künftig Kindergarantiebetrag – kommt eine wichtige finanzielle Ausgleichsfunktion zu. Es trägt der Unterhaltsleistung von Eltern gegenüber Kindern mit sehr schweren Beeinträchtigungen Rechnung, die insbesondere in Form von tatsächlicher Unterstützung und Betreuung häufig ein Leben lang erfolgt. Der bvkm hält einen solchen finanziellen Ausgleich für zwingend erforderlich, solange es keine ausreichenden Betreuungs- und Unterstützungsangebote insbesondere für Menschen mit Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf gibt und Eltern dadurch immer wieder in die Pflicht genommen werden, die Betreuung und Versorgung ihrer erwachsenen Kinder mit Behinderung selbst sicherzustellen.
UPDATE: Mittlerweile hat sich auch der VDK zur Kindergrundsicherung geäußert. „Die so geplante Kindergrundsicherung wird den betroffenen Familien keine armutsfeste und unbürokratische Unterstützung in Form einer echten Kindergrundsicherung bringen.", betont die VDK Präsidentin Verena Bentele und weiter kritisiert sie: "Sie wird zu niedrig sein und nicht bei allen Kindern ankommen. Ein Paradigmenwechsel findet nicht statt – auch, wenn Frau Paus ihn angekündet hatte und alle armutsgefährdeten Kinder ihn verdient hätten.
Allen muss klar sein, dass viele Kinder kaum bessergestellt werden. Eine Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums hat nicht stattgefunden. Der Garantiebetrag wird (wie das bisherige Kindergeld) automatisch ausgezahlt, der Zusatzbetrag muss aufwendig alle 6 Monate beantragt werden. Eine eklatante Verschlechterung gibt es bei den Alleinerziehenden. Hier muss von den alleinerziehenden Eltern mit schulpflichtigen Kindern ein Einkommen von mindestens 600 Euro vorgewiesen werden, um einen Unterhaltsvorschuss zu erhalten. Dies wird zum Beispiel alleinerziehende Erwerbsminderungsrentnerinnen hart treffen. Mit dem digitalen Kinderchancenportal werden nicht mehr Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket abgerufen werden. Ein weiteres großes Ärgernis ist, dass es den Garantiebetrag nicht zusätzlich zum Bürgergeld der Eltern gibt, sondern er wird verrechnet. Auch die Ungleichbehandlung zwischen ärmeren Familien, die nur das Kindergeld erhalten, und den besser gestellten Familien, die auch Steuervorteile durch Kinderfreibeträge haben, wird nicht beseitigt. Wenn das Kabinett diesem Entwurf zustimmt, ruht die Hoffnung auf den Mitgliedern des Bundestags, dass sie Kinderarmut effektiv bekämpfen wollen.“
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung