Herausforderung: Behinderung „erworben“
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Menschen mit Behinderungen rücken zwar immer mehr in die gesellschaftliche Mitte und trotzdem scheint das Thema oft nicht im Fokus vieler Menschen zu stehen. Dabei kann es jeden treffen, denn 96 % aller Menschen mit Behinderungen, haben diese erst durch ein Lebensereignis erworben. Sei es ein Unfall oder eine Krankheit.
Spätestens im Alter rückt das Thema bei vielen Menschen in den Fokus, denn auch altersbedingte Beschwerden sind eine Form der Behinderung, auch wenn diese im Sozialgesetzbuch als "altersbedingt" deklariert. Wenn eine Beeinträchtigung nicht zur Feststellung eines Grads der Behinderung (GdB) führt, ist dennoch eine altersbedingte Einschränkung gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention anzuerkennen.
Weniger geklärt ist, ob das in Deutschland etablierte Vorgehen überhaupt rechtens ist, denn warum sollen einen älteren Menschen die Nachteilsausgleiche vorenthalten werden?
Eine Einschränkung oder Behinderung, hat aber auch noch ganz andere Aspekte, die oft dann relevant werden, wenn die nicht zu erwartende Einschränkung unerwartet eintrifft, ein Mensch aus seinem gewohnten Leben gerissen wird und plötzlich feststellen muss, wie schnell Behinderung einen treffen kann. Genau zu diesem Zeitpunkt fängt es an und was genau, darüber berichtet die Rollstuhlfahrerin und Autorin Natascha Höhn:
Leben mit Behinderung - Nicht nur eine physische Herausforderung
Das Leben mit Behinderung stellt uns vor Herausforderungen, die weit über das Physische hinausgehen. Es erfordert eine mentale Stärke, die oft unterschätzt wird. Es gibt Menschen, die zeigen, dass Behinderung nicht gleichzusetzen ist mit Unfähigkeit und trotz Ihrer Behinderung fröhlich sind. Wie machen die das? Es geht darum, Wege zu finden, das Leben in seiner ‚neuen’ Fülle zu erfahren und dabei eigene Stärken zu entdecken und zu nutzen. Alte Strategien, mit bisherigen Herausforderungen des Lebens umzugehen, kommen auf den Prüfstand und manche fliegen dabei über Bord. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: akzeptieren und, teilweise mit Tränen, weitermachen oder resignieren und in den eigenen Tränen sprichwörtlich ertrinken.
Der Umgang mit plötzlichen Veränderungen
Die plötzliche Konfrontation mit Behinderung, sei es durch einen Unfall oder eine Krankheit, ist ein tiefgreifender Moment im Leben (je nach Studie, dem Grad der Behinderung oder Region sind um die 90% der Behinderungen im Laufe des Lebens erworben). Es ist eine Zeit der Anpassung, sowohl für die Person mit Behinderung als auch für die Partner*innen, Familien und Freunde.Die Bereitschaft, sich gegenseitig zu unterstützen und neue Wege der Kommunikation und des Zusammenlebens zu finden, ist entscheidend. Es geht darum, ein neues 'Normal' zu schaffen, in dem jeder Einzelne seinen Platz und seine Rolle findet und respektiert wird.
Humor hilft
Ein wesentlicher Aspekt im Umgang mit Herausforderungen ist Humor. Humor haben mit Behinderung ist kein Widerspruch, sondern eine wichtige Ressource. Er ermöglicht es, schwierige Situationen aus einer anderen Perspektive zu betrachten und schafft Raum für Leichtigkeit und Freude im Alltag. Humor hilft, Berührungsängste zu überwinden und zeigt, dass Freude und Lachen universelle menschliche Eigenschaften sind, unabhängig von physischen Fähigkeiten. Gegenseitiger Respekt ist Grundvoraussetzung.
Die Wichtigkeit von Pausen und Selbstfürsorge
Die Fähigkeit, Pausen zu machen und auf sich selbst zu achten, ist für jeden von uns wichtig, insbesondere aber für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Pausen sind keine Zeitverschwendung, sondern essentiell für Regeneration und Gesundheit. Sie bieten die Chance, neue Energie zu sammeln und den eigenen Bedürfnissen Raum zu geben. Ohne schlechtes Gewissen und ‚Ich müsste doch eigentlich…‘.
Die Rolle von internalisiertem Ableismus
Ein oft übersehener Aspekt im Leben mit Behinderung ist der internalisierte Ableismus. Dieser beschreibt, wie Menschen mit Behinderungen unbewusst gesellschaftliche Vorurteile verinnerlichen und sich selbst als weniger wertvoll betrachten. Es ist wichtig, diese Muster zu erkennen und zu durchbrechen, um ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu führen.
Fazit
Das Leben mit einer Behinderung ist nicht weniger wertvoll oder erfüllend. Es ist ‚anders’ wertvoll und erfüllend. Oft außerhalb der Komfortzone. Durch die Überwindung von Herausforderungen und dem bewussten Umgang mit den eigenen Bedürfnissen eröffnet sich - gezwungenermaßen - ein Weg, der reich an Erfahrungen, Lernen und persönlichem Wachstum ist. Es ist ein Weg, der zeigt, dass Grenzen oft nur in unseren Köpfen existieren und dass das Leben in vielen Facetten gelebt und genossen werden kann - ein bisschen anders als vorher.
Autor: Natascha Höhn
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