Finale Debatte im EU-Parlament zum EU-Behindertenausweis
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Heute, am 23. April, fand im EU-Parlament eine fesselnde Debatte über den neuen EU-Behindertenausweis und Parkausweis statt, bevor am Mittwoch die Abstimmung stattfindet. Der EU-Behindertenausweis hat das Ziel, eine einheitliche Regelung für alle EU-Länder einzuführen, da bisher die Anerkennung des Schwerbehindertenausweises uneinheitlich geregelt war, was Reisen für Menschen mit Behinderungen zu einer Herausforderung machte.
Obwohl Rat, Kommission und Parlament bereits im Februar eine Einigung erzielt hatten, wurde die endgültige Verabschiedung vom Rat auf die nächste Legislaturperiode verschoben, was zu einer Verzögerung der Umsetzung führte. Dennoch stellt der neue EU-Behindertenausweis einen bedeutenden Fortschritt für die Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen in der EU dar.
Die Debatte wurde von der Europaabgeordneten Lucia Duris Nicholsonova eröffnet, die mit Nachdruck darauf hinwies, dass Menschen mit Behinderungen trotz Fortschritten noch immer einem ungleichen Kampf gegen Vorurteile und strukturelle Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt gegenüberstehen. Sie machte deutlich, dass selbst Menschen, die sich nur vorübergehend in einem EU-Land aufhalten, oft mit einem Mangel an Rechten konfrontiert sind, sei es in Bezug auf kulturelle Veranstaltungen, das Parken oder den Zugang zu Dienstleistungen. Diese Hürden seien weit verbreitet und stellten eine ernsthafte Einschränkung der individuellen Freiheit und Teilhabe dar. Nicholsonova betonte die Notwendigkeit, sich für die Rechte aller Europäer einzusetzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand oder ihrem sozialen Status, und forderte einen umfassenden Ansatz, der die Belange von Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt stellt.
Sie verwies darauf, dass die neue Gesetzgebung, für die Menschen mit Behinderungen seit 15 Jahren gekämpft haben, nun endlich vorläufige Zustimmung von allen Mitgliedsländern der Europäischen Union erhalten hat. Dies sei ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Rechte und zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der gesamten EU.
Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichheitspolitik, bedankte sich bei allen Berichterstattern für ihre harte Arbeit und erläuterte ausführlich die beiden Hauptaspekte der neuen Richtlinie. Die erste Richtlinie sieht die Einführung eines Europäischen Behindertenausweises und Parkausweises vor, um den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen zu erleichtern und die Mobilität von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Die zweite Regelung betrifft Menschen aus Drittstaaten, die rechtmäßig in einem EU-Mitgliedstaat leben, und ermöglicht ihnen ebenfalls den Zugang zu diesen Ausweisen. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, soziale Inklusion zu fördern und die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu unterstützen.
Die Europaabgeordnete Katrin Langensiepen (Bündnis 90 / Die Grünen) betonte, dass wir im Rahmen dieser EU-Disability-Card viel erreicht haben und dass wir ein tolles Team waren. Sie betonte, dass dies zeigt, dass man über die Grenzen der Fraktionen hinweg zusammenarbeiten kann. Sie fragte, warum man eigentlich einen Europäischen Schwerbehindertenausweis braucht. Sie erklärte, dass man diesen für den Nachteilsausgleich braucht. Sie betonte, dass es egal ist, in welchem Land sie sich befindet, ihre Behinderung hört nicht plötzlich auf, sondern die Nachteile fallen plötzlich weg und sie kann mit der Bahn fahren. Sie betonte, dass es egal ist, ob sie ihre Behinderung in Deutschland oder in Frankreich erworben hat. Sie fragte, was ihr der Ausweis nützt, wenn sie nicht in die Bahn kommt. Sie hofft, dass dieser Ausweis in den Mitgliedstaaten etwas im Denken und in der Sichtweise verändert.
Dennis Radtke, Europaabgeordneter und CDU-Sozialpolitiker, betonte die historische Bedeutung der Disability Card und bezeichnete sie als Meilenstein auf dem Weg zu einem Inklusiveren Europa. Er würdigte den langen Kampf von Menschen mit Behinderungen für ihre Rechte und unterstrich die Verantwortung der Europäischen Union, sich für diejenigen einzusetzen, die Unterstützung benötigen. Radtke zeigte sich optimistisch, dass die neuen Regelungen dazu beitragen werden, die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen mit Behinderungen in der gesamten EU nachhaltig zu verbessern.
Vorab zur Debatte teilte Langensiepen mit:
“Der neue EU-Behindertenausweis ist ein Meilenstein für die Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen in der EU.
Gerade im Punkto Reisen wird der neue EU-Behindertenausweis das Leben von 80 Millionen Menschen in der EU sichtbar erleichtern. Leider werden Menschen mit Behinderung noch über drei Jahre warten müssen, bis sie die Vorteile des EU-Behindertenausweises nutzen können.
Die Mitgliedstaaten versuchen, die Umsetzung aufs Äußerste in die Länge zu ziehen.
Mit der Entscheidungen des Rates, die finale Verabschiedung der Verordnung auf die nächste Legislatur zu schieben, fällt dieses dringende Thema mal wieder hinten runter. Die Priorität des EU-Parlamentes war es, den Ausweis noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen. Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie auf 30 Monate verhandelt, mit weiteren zwölf Monaten bis zur ersten Ausstellung eines Ausweises. Reisen, Arbeiten, Studieren in einem anderen EU-Land ist für Menschen mit Behinderungen immer noch keine Selbstverständlichkeit. Der neue EU-Behindertenausweis soll Menschen mit Behinderungen endlich die Sicherheit geben, dass ihr nationaler Behindertenstatus von Behörden und Dienstleistern in einem anderen EU-Land anerkannt wird und ihnen somit Zugang zu jeweils national geltenden Vorteilen geben."
Nationale Vorteile im Transport- oder Kultursektor gelten dann beispielsweise in Frankreich nicht nur für französische Menschen mit Behinderung, sondern auch für deutsche oder polnische Besucher mit Behinderung. Darüber hinaus konnten wir die Mitgliedstaaten dazu bewegen, nationale Webseiten einzurichten, die relevante Informationen für eine Reise bündeln. Diese nationalen Webseiten sollen von der Kommission auf einer einzigen Seite zusammengeführt werden, um den Informationsdschungel übersichtlich zu gestalten.
Obwohl der Ausweis nur für kurze Aufenthalte (maximal 3 Monate am Stück) gedacht ist und keinen Anspruch auf Sozialleistungen beinhaltet, ist es ein besonderer Erfolg, dass der Ausweis auch für Menschen, die an einem EU-Mobilitätsprojekt wie Erasmus teilnehmen, über den Zeitraum von drei Monaten anwendbar ist.
Hintergrund und nächste Schritte:
Der Kommissionsvorschlag wurde im September 2023 angenommen, und der Rat hat seine Verhandlungsposition im November 2023 festgelegt. Am 17. Januar 2024 wurden intensive Verhandlungen über die endgültige Fassung der Richtlinie aufgenommen, die mit der heutigen Einigung – nach weniger als einem Monat – erfolgreich zum Abschluss gebracht wurden.
Zur Fertigstellung des Textes werden die Arbeiten auf fachlicher Ebene fortgesetzt. Die vorläufige Einigung muss dann vom Rat und vom Parlament bestätigt werden, bevor die Richtlinie von den Rechts- und Sprachsachverständigen überprüft und von beiden Organen förmlich angenommen werden kann. Die beiden gesetzgebenden Organe haben vereinbart, dass die Mitgliedstaaten für die Anpassung ihrer nationalen Rechtsvorschriften 2,5 Jahre und für die Anwendung der Richtlinie 3,5 Jahre Zeit haben werden. Bei der Umsetzung und der Evaluierung des Europäischen Behindertenausweises und des Europäischen Parkausweises für Menschen mit Behinderungen werden Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, einbezogen.