Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit liegt vor
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Die Bundesregierung verfolgt das EU-weite Ziel, die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden. Damit dies gelingt, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern, Kommunen sowie Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Der heutige Beschluss des „Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit“ (NAP) leitet den Prozess der strukturierten Zusammenarbeit aller Akteure ein.
Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Die Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist eine Mammutaufgabe. Mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit (NAP) legt die Bundesregierung nun erstmals einen Handlungsleitfaden dafür vor, diese große gesamtgesellschaftliche Aufgabe anzugehen.
Der NAP wurde mit denen diskutiert und erarbeitet, die täglich mit Wohnungs- und Obdachlosen zusammen zu tun haben. Dass es diesen bundesweiten Handlungsleitfaden gibt, war ein expliziter Wunsch der Zivilgesellschaft, der vielen Menschen, die sich um obdach- und wohnungslose Menschen kümmern.
Mehr bezahlbare Wohnungen sind dabei der Kernpunkt für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Dafür stellt der Bund Milliarden für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Mit dem WohngeldPlus wurde zudem eine wichtige Unterstützung für Menschen geschaffen, die Probleme haben, ihre Miete zu bezahlen. Gemeinsam mit allen Akteuren werden wir nun zum Beispiel an den Standards für die Unterbringung in Notunterkünften arbeiten. Frauen und Männer sollten getrennt untergebracht werden können, wenn sie das möchten. Auch die Prüfung des Zugangs einer Krankenversicherung ist Teil des NAP. Und wir werden das Thema weiter auf EU-Ebene angehen, denn Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist ein länderübergreifendes Problem.
Damit der nun eingeschlagene Weg zum Ziel führt, wird das neue Nationale Forum als koordinierende Stelle für alle in Deutschland und darüber hinaus zur Verfügung stehen. Von hier aus werden Modellprojekte gefördert, die Vernetzung gestärkt und kontinuierlich weiter an der Umsetzung jeder einzelnen Maßnahme gearbeitet. Die Mammutaufgabe kann nur gemeinsam gelöst werden. Den ersten Schritt haben wir dafür heute getan.“
Mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit liegt erstmals auf Bundesebene ein Leitbild vor, um die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis zum Jahr 2030 zu überwinden. Das begrüßen die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) und der Deutsche Städtetag.
Ein Leitbild alleine wird allerdings nicht genügen, um das ambitionierte Ziel Realität werden zu lassen. Es braucht auch politische Handlungsspielräume und finanzielle Ressourcen sowie eine Ausweitung des Mieterinnen- und Mieterschutzes. Denn aktuell sind laut der neuesten Hochrechnung der BAG W über 600.000 Menschen in Deutschland wohnungslos, etwa 50.000 von ihnen leben ohne Unterkunft auf der Straße. Und dass, obwohl es eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten von Städten, Gemeinden und Verbänden gibt sowie zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer.
Die Zahlen verdeutlichen, dass es große gemeinsame Kraftanstrengungen braucht, wenn man die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 beenden möchte. Aus den Leitlinien des Nationalen Aktionsplanes müssen deshalb schnell konkrete und zielgerichtete Maßnahmen werden. Notwendig ist eine ressortübergreifende und über alle staatlichen Ebenen hinweg abgestimmte Vorgehensweise und neue gesetzliche Regelungen genauso wie konkrete Förderinstrumente. Es geht darum, wohnungslose Menschen mit Wohnraum zu versorgen und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen effektiv vor dem Verlust ihrer Wohnung zu schützen.
Michael Groß, Präsident der BAGFW: „In einem reichen Land wie Deutschland muss es gelingen, jedem Menschen das Wohnen zu ermöglichen. Denn Wohnen ist ein Menschenrecht! Mit dem ersten Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit zeigt die Bundesregierung, dass sie bestrebt ist, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. Nun gilt es, eine konsequente und schnelle Umsetzung anzugehen. Als Verbände der Freien Wohlfahrtspflege werden wir uns gerne an der Umsetzung beteiligen und mit unserer Expertise in den weiteren Prozess einbringen.“
Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAG W: „Der Handlungsdruck ist enorm angesichts der hohen Zahl von wohnungs- und obdachlosen Menschen, den steigenden Mietpreisen, dem Rückgang der Sozialwohnungsbestände und der großen Anzahl von Räumungsklagen. Es braucht jetzt das bezeugte Bekenntnis und die Zusammenarbeit aller föderalen Ebenen und Akteurinnen/Akteure. Dringend benötigen wir u.a. den Ausbau der Prävention, die flächendeckende Einrichtung niedrigschwelliger Angebote und Clearingstellen zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung sowie Mittel für den Wohnungsbau und kommunalen Ankauf von Sozialwohnungen.“
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages: „Es ist unser gemeinsames Ziel, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. Die Städte bringen schon jetzt viele obdachlose Menschen unter. Das wichtigste Mittel gegen Wohnungslosigkeit ist und bleibt ein ausreichendes Angebot an bezahlbarem Wohnraum. Hier braucht es mehr Unterstützung von Bund und Ländern. Dazu muss der Bund auch die im Koalitionsvertrag geplanten Vorhaben in den Bereichen des Miet-, Boden- und Bauplanungsrechts endlich umsetzen.“
Zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit erklärt der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Daniel Föst: „Der Aktionsplan ist ein erster gemeinsamer Schritt von Bund, Ländern und Kommunen, um Wohnungslosigkeit in Deutschland wirksam zu bekämpfen. Die Wurzel des Problems ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Den Wohnraummangel lösen wir nicht durch Verschärfungen im Mietrecht oder höhere Baustandards, sondern nur durch einen Bau-Booster. Erst wenn wir mehr, schneller und günstiger bauen, werden wir ausreichend bezahlbaren Wohnraum in Deutschland anbieten können und die Menschen langfristig aus der Wohnungslosigkeit holen.“ Dazu erklärt der Berichterstatter und Obmann im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen Rainer Semet: „Maßgeblich für den Erfolg des Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit ist die Schaffung neuen Wohnraumes. Eine Wohnung kann sozialen Zwecken nur dann zugeteilt werden, wenn sie auch existiert. Daher ist es eine gute Nachricht, dass der Bund den Ländern Fördermittel in Höhe von 18,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellt und damit einen substantiellen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum leistet.“
Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung