Mundschutz wird zum Problem für viele behinderte und lungenkranke Menschen
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Seit gestern gilt in ganz Deutschland die Pflicht zum Tragen einer Mundmaske im Nahverkehr (ÖPNV) und beim Einkaufen. In ganz Deutschland? Nein, ein kleines gallisches Dorf, nennen wir es Berlin, beschränkt sich bisher nur auf den ÖPNV. Vielleicht, weil das Tragen von Mundmasken dann doch für bestimmte Menschen zum Problem wird, oder hat man es in Berlin einfach vergessen auch beim Einkaufen anzuordnen? Wie auch immer. UPDATE (28.4.2020): Auch in Berlin gilt das Tragen von einer Nasen- Mundmaske jetzt beim einkaufen als verpflichtend. Somit ist das Tragen von einer Nasen- Mundmaske jetzt im gesamten Bundesgebiet im ÖPNV und in Geschäften verpflichtend.
Für Menschen mit Behinderungen oder Menschen, die an Lungenerkrankungen leiden, kann die Mundmaske zu einem Problem werden. "Heute Morgen habe ich es versucht mit Maske einkaufen zu gehen. Ganze 10 Minuten habe ich es ausgehalten. Danach musste ich das Geschäft verlassen und mein Notfallspray nehmen.", schrieb eine Leserin zu unserem Beitrag "Gilt die Maskenpflicht für Menschen mit Behinderung?". Die Leserin versuchte ein ärztliches Attest vom Arzt zu bekommen, der ihr dieses verweigerte. Die dann kontaktierte Corona-Hotline aus Nordrhein-Westfalen (NRW) begegnete diesem Vorfall zwar mit Entsetzen und bat um erneuten Versuch, die benötigte Bescheinigung bei Hausarzt zu bekommen. Dieser verwies an einen Lungenfacharzt, der offensichtlich auch nicht helfen konnte und meinte "dann einfach nicht raus gehen und jemanden anderen für mich einkaufen lassen".
Leider scheint es so zu sein, dass es gerade bei dem Thema "Ausnahmen" keine genauen Regelungen gibt. Anfragen die unsere Redaktion durchgeführt hat, blieben teils unbeantwortet oder wurden nur ausweichend beantwortet. Gerade Menschen mit Behinderungen oder Personen mit Lungenerkrankungen, bräuchten hier klarere Regelungen und mehr Unterstützung. Keines der Bundesländer gibt aber in seinen Verordnungen klare Richtlinien vor, wie die Menschen die keinen Mundschutz tragen können, dieses nachweisen sollen.
Gerade bei Asthmaerkrankten scheint die Mundmaske ein Problem darzustellen und zu erheblichen Schwierigkeiten zu führen, wie wir auch aus anderen Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern erfahren haben. Die Bundesländer verfassen ziemlich allgemein formulierte Verordnungen, aber eine Unterstützung oder klare Definition für behinderte Menschen fehlt gänzlich.
Eine weitere Gruppe, für die sich eine Mundmaske zu Problemen entwickeln kann, sind Menschen mit bestimmten psychosomatischen Erkrankungen. Beklemmungsgefühl, Erstickungsgefühl können alte Traumata triggern und am Ende die betroffenen Personen in Gefahr bringen. Hier fehlt es ebenfalls an klaren Vorgehensweisen, da diese Personengruppe bei den Verordnungen nicht berücksichtigt wurde. Allgemeine Formulierungen "Ausgenommen sind Personen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen können" sind wenig hilfreich, wenn genau diesen Menschen keine klare Anleitung an die Hand gegeben wird, wie diese vorzugehen haben. Leider scheint es für Ärzte ebenfalls keine Handlungsanweisung zu geben, die klar definiert, bei welchen Erkrankungen ein entsprechendes Attest , zur Befreiung der Tragepflicht ausgestellt wird. Selbst für Allergiker könnte das Tragen einer Mundmaske problematisch werden und Asthmaanfälle auslösen.
Ähnliches gilt für die allgemeinen Verordnungen, wenn es um pflegebedürftige Personen geht, die zu Hause von Angehörigen gepflegt werden. Müssen diese jetzt auch Mundmasken tragen? Viele Verordnungen sind da etwas schwammig formuliert. Für Pflegeeinrichtungen sind die Verordnungen hingegen klar formuliert. Gleiches gilt für Pflegedienste, die ausführend in der häuslichen Pflege sind.
Ein Gesundheitsamt bestätigte uns; "die häusliche Pflege von Angehörigen ist nicht erfasst" und weiter hieß es: "Bei der Pflege von Angehörigen ist ein Mund-Nasen-Schutz demzufolge nicht vorgeschrieben.". Ob das aber eine bundesweite Vorgehensweise ist, oder hier nur von einem Gesundheitsamt auf unsere Anfrage hin formuliert wurde, konnten wir leider nicht ermitteln.
Hier zeigt sich, dass die föderalen Regelungen nicht gerade hilfreich für betroffene sind sondern im Gegenteil, für sehr viel Verwirrung sorgt. Gerade bei solchen Grundsatzthemen wäre eine klare einheitliche Vorschrift auf Bundesebene notwendig um für mehr Sicherheit sorgen.
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung