BMAS legt Referentenentwurf für ein Teilhabestärkungsgesetz vor
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Wenn das Bundesverfassungsgericht etwas für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt, dass dann auch noch aktuelle Gesetze betrifft, ist der Gesetzgeber zur Nachbesserung verpflichtet. So hat das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Juli 2020 (Az.: 2 BvR 696/12) Teile des kommunalen Bildungspakets im SGB XII für nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar erklärt.
Die Antwort des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, ist ein Referentenentwurf "zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen", dem (Teilhabestärkungsgesetz. Aus Referentenentwürfen werden irgendwann Gesetzesentwürfe, die dann im Bundestag verabschiedet werden, sofern die dort notwendige Mehrheit erreicht wird. Vorher kommt es zu Anhörung von Sachverständigen und Verbänden.
Ziel des Gesetzes ist es:
- Assistenzhunde: Durch eine einheitliche Zutrittsregelungen für Mensch-Tier-Gespanne, soll der Zutritt für Menschen mit Assistenzhunden zu beispielsweise Behörden, Arztpraxen, Geschäften oder Theatern., geregelt werden.
- Budgets für Ausbildung: Dieses Budget soll zur Förderung für Menschen mit Behinderungen dienen, wenn Anspruch auf Leistungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen besteht und sie eine reguläre betriebliche Ausbildung/Fachpraktikerausbildung aufnehmen. Damit soll eine weitere Möglichkeit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geschaffen werden.
- Wiedereingliederung in Arbeit: Im SGB II sind Änderungen vorgesehen, die Zugänge zu Hilfen (Schuldner-oder Suchtberatung) verbessern sollen und somit arbeitslosen Menschen die gleichzeitig auf Rehabilitation angewiesen sind, die Wiedereingliederung verbessern soll.
- Eingliederungshilfe: Hier sollen die Gesetzestexte so umformuliert und "modernisiert" werden, dass eine Sprache angewendet wird, die verständlicher werden soll.
Das sind nur einige Punkte, die der Referentenentwurf vorsieht. Eine Erste Kritik an den Entwurf hat nur die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) verfasst:
Mit der nun endenden Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf eines Teilhabestärkungsgesetzes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bewertet die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) das Prozedere der Verbändebeteiligung für diesen Entwurf als Vorstufe der Partizipation.
Der Grund der Empörung sieht folgender Maßen aus: Der Entwurf eines für Menschen mit Behinderungen durchaus wichtigen Teilhabestärkungsgesetzes, das viele wichtige Bereiche des alltäglichen Lebens berührt, wurde erst am 22. Dezember 2020 an die Verbände versandt mit Frist „Freitag, 08. Januar 2021“.
„Diese partizipationsfeindliche enorm kurze Frist über die Feiertage zum Jahreswechsel, verbunden mit vorgezogenen Schulschließungen und eingeschränkter Kinderbetreuung ist diesem für behinderte Menschen wichtigen Gesetz nicht würdig.
Nach zahlreicher empörender Nachfragen der Verbände mit Bitte um Fristverlängerung ist man dieser zwar nachgekommen, jedoch hielt sich die Großzügigkeit des BMAS in Grenzen. Denn die Abgabefrist wurde zuerst auf Montag, den 11. Januar – also um einen ganzen Arbeitstag, verschoben“, erklärt und bedankt sich Wiebke Schär von der ISL-Geschäftsführung wütend. Nach weiteren Protesten wurde uns nun der 15. Januar eingeräumt.
„Wenn das neue Jahr mit all seinen Einschränkungen im Alltag schon so anfängt, dann fordern wir endlich eine faire Partizipation für die kommenden Gesetzesvorhaben, um uns als gemeinnütziger Verein mit knappen Ressourcen wirklich beteiligen zu können. Schließlich geht es in 2021 um noch viel mehr als dieses eine Gesetz“, erklärt Schär weiter.
Denn es stehen viele wichtige Themen ins Haus: Die Umsetzung eines europäischen Barrierefreiheitsgesetzes (EAA), das auch endlich die private Wirtschaft zur Barrierefreiheit in einigen Bereichen verpflichtet. Es finden viele wichtige Landtagswahlen und die Bundestagswahl statt. Weiterhin brennen Themen zur Corona-Pandemie: Eine für behinderte Menschen nicht gleichberechtigte Impfstrategie des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und die schon in Krankenhäusern angewendete Triage, die entscheidet, wer intensivmedizinisch behandelt wird oder sterben muss.
Die Bundesregierung und der gesamte ministeriale Apparat muss endlich u.a. ein vernünftiges Zeitmanagement geregelt bekommen, die eine wertschätzende, ernstgemeinte und barrierefreie Beteiligung der Zivilgesellschaft zulässt.
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung